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Baustelle "Haus Europa"

Von Hermann Sileitsch

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Die Nachricht vom Tod des Euro war verfrüht. Nach und nach sickert aber durch, wie dramatisch die Lage vor dem vergangenen Wochenende war: Der Markt für Staatsanleihen der Euro-Problemländer war faktisch kollabiert. Niemand wollte mehr griechische, portugiesische, spanische, irische oder italienische Schuldverschreibungen kaufen.


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Damit hätten diese Länder (so wie Griechenland) kein Geld mehr vom Markt erhalten. Der Euro wäre ohne die Brüsseler Rettungsaktion wohl tatsächlich am Ende gewesen. Ganz ist diese Gefahr noch nicht gebannt: Das Haus Europa muss neu aufgebaut werden, wenn es die nächsten Stürme überstehen soll. Der Euro muss Spekulationsattacken und Panikverkäufen geschlossen entgegentreten. Dafür ist ein sorgsam zwischen Solidarität und Kontrolle austariertes Fundament nötig. Simpel formuliert: Die Eurozone darf weder zu sehr Griechenland, noch zu sehr Deutschland werden. Nötig sind:

* Ein Eingreifmechanismus für taumelnde Länder, der nicht wegen nationalstaatlicher Interessen (Wahlen in Deutschland) blockiert werden kann.

* Ein Besinnen auf die Stärken der Währungsunion: Es ist unverständlich, dass die Eurozone darauf verzichtet, günstige Konditionen eines gemeinsamen Euro-Staatsanleihen-Marktes zu lukrieren.

* Der Wille, Ungleichgewichte abzubauen und die Rollen innerhalb der EU neu zu definieren.

Soweit die "griechische" Komponente (Solidarität und Beistand) - ebenso wichtig ist aber der "deutsche" Beitrag (Kontrolle und Disziplin):

* Das Auffangnetz darf kein Freibrief sein. Euro-Länder dürfen nicht zur Verschwendung verleitet werden; Anleger müssen selbstverständlich das Risiko ihrer Investments selbst tragen. Deshalb sind strikte Budgetkontrollen, Sanktionen und Szenarien für geordnete Staatsinsolvenzen notwendig.

* Soll Europa an Vertrauen gewinnen, muss es drastisch sparen und trotzdem höheres Wachstum erzielen. Das funktioniert nicht, wenn sich die Gemeinschaft an den schwächsten Mitgliedern orientiert. Die EU braucht deshalb mehr, nicht weniger Wettbewerb - es sei denn, sie will dabei zusehen, wie die Arbeitsplätze nach Asien abwandern.