Wirtschaftsprüfer KPMG hat "völlig korrekt" gehandelt. | Keine Diskriminierung österreichischer Käufer. | Wiener Zeitung: Im Zusammenhang mit den Spekulationen von Wolfgang Flöttl ist der Verbleib von beträchtlichen Vermögenswerten nach wie vor ungeklärt. Wie läuft denn die Suche danach?
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Ewald Nowotny: Was die Bilder des Herrn Flöttl betrifft, haben wir gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft ein Depot in Zürich öffnen lassen - mit nicht sehr durchschlagendem Erfolg. Dafür haben wir jetzt in den USA ein auf Kunst spezialisiertes Detektivbüro mit der Suche beauftragt. Der zweite Punkt sind Liegenschaften in der Karibik, bei denen nun nachgeprüft wird, ob uns das Eigentum übertragen werden kann. Ein Flugzeug konnten wir lokalisieren, dass an Hewlett-Packard verkauft wurde. Hier werden die Zahlungsströme ebenfalls überprüft.
Wie steht es um den Streit mit dem Ex-Bawag-Generaldirektor Helmut Elsner um sein Penthouse?
Elsner hatte eine Kaufoption für das Penthouse, die ausgeübt wurde. Wir fechten diese Transaktion jedoch juristisch an. Wir haben noch keine endgültige Entscheidung, aber eine einstweilige Verfügung zu unseren Gunsten.
In zwei anderen Fällen wurde freiwillig auf das Optionsrecht verzichtet (von Ex-ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch und Ex-Bawag-Vorstand Josef Schwarzecker, Anm.). Und mit einem ehemaligen Bawag-Vorstand sind wir noch in Verhandlungen.
Wieviel Geld könnte sich die Bawag maximal von Elsner und Flöttl zurückholen?
Ich sage ganz offen: Das kann ich schwer beurteilen. Die Frage ist, welche Werte tatsächlich mobilisierbar sind. Wir laufen sozusagen jedem Euro nach.
Glauben Sie nach ihrem derzeitigen Wissensstand an einen kriminellen Hintergrund?
Ich kann als Bank dazu nichts sagen, das ist Sache der Staatsanwaltschaft. Als Ökonom sehe ich es aber schon als sehr problematisch an, dass hier mit jemandem Geschäfte gemacht wurden, die systematisch daneben gegangen sind. Das ist schon eine sehr eigenartige Entwicklung, über die man sich Gedanken machen kann.
Ein Schlüsselaspekt, warum die Fehlspekulationen so lange versteckt waren, war doch der Bestätigungsvermerk für die Bilanz durch die KPMG. Warum gehen Sie nicht gegen die Wirtschaftsprüfer von KPMG vor?
Die KPMG hat aus meiner Sicht völlig korrekt gehandelt. Die Bilanzen sind ja in Ordnung. Die Frage ist, ob der Aufsichtsrat informiert hätte werden müssen.
Aber der Vorschlag der ÖGB-Haftung kam angeblich von der KPMG ...
Der Informationsaspekt ist, wie gesagt, problematisch, aber dass ein Eigentümer für sein Unternehmen eine Haftung übernimmt, ist im Prinzip nichts Ungewöhnliches und auch nichts Rechtswidriges.
Meinen Sie, Finanzmarktaufsicht und Finanzminister haben korrekt gehandelt, auch was den Bawag-Prüfbericht der Nationalbank aus dem Jahr 2001 betrifft?
Ich glaube, dass es hier tatsächlich von einem kleinen Kreis unter der Führung von Elsner zu Spekulationsgeschäften gekommen ist, die am Aufsichtsrat der Bank - und damit auch an den Staatskommissären vorbeigegangen sind. Da liegt das Problem.
Hätte die Aufsichtsbehörde nicht etwas merken müssen?
Wenn es nicht einmal der Aufsichtsrat merken konnte, ist es für das Finanzministerium noch sehr viel schwieriger.
Was hat sich inzwischen in der Bawag geändert? Könnten Sie heute derartige Geschäfte veranlassen?
Also dafür kann ich die Hand ins Feuer legen - solche Dinge können heute nicht mehr passieren. Jede finanziell relevante Maßnahme wird von zwei unabhängigen Stellen geprüft.
Halten Sie die aktuellen gesetzlichen Regelungen und Aufsichtsmöglichkeiten für ausreichend?
Ja. Es gibt gesetzliche Regelungen für die Informationspflicht des Aufsichtsrates, nur wurden sie in diesem Fall nicht ausreichend erfüllt.
Aber ohne Konsequenzen ...
Doch, diese Verfahren laufen ja alle noch. Die erste Konsequenz war auf jeden Fall die, dass es zu personellen Änderungen gekommen ist.
Kommen wir zum aktuellen Geschäft. Wegen des Bawag-Skandals haben viele Kunden ihr Erspartes von der Bawag geholt. Wie viel ist abgeflossen, wieviel ist zurückgekommen?
Ich kann ihnen hier wegen des laufenden Verkaufsprozesses der Bank keine Zahlen nennen. Insgesamt haben wir beim Sparaufkommen im ersten Halbjahr natürlich einen deutlichen Rückgang gehabt. Inzwischen ist dieser Trend umgekehrt worden. Wir haben aber noch nicht alles aufgeholt. Wir bemühen uns, das im Laufe des Jahres wieder auszugleichen.
Kommen auch alte Kunden zurück?
Ja, zum Teil in einer skurrilen Weise. Erst kürzlich ist jemand mit einem größerem Betrag gekommen - in einem Bawag-Kuvert. Der hatte das abgehoben und in der Zwischenzeit wahrscheinlich tatsächlich im Wäscheschrank oder unter dem Kopfpolster zu Hause verstaut gehabt.
Wie schaut allgemein die Geschäftslage bei der Bawag aus?
Wir sind wieder im Normalbereich. Erfreulich entwickelt sich unter anderem das Leasinggeschäft und das Cross Selling, also der Verkauf von Kapitalmarktprodukten über die Postämter.
Und wir verstärken unsere Renditen-orientierte Politik bei Großkunden, was zum Beispiel bedeutet, dass wir bei der Kreditvergabe im öffentlichen Sektor nur dann aktiv werden, wenn das auch kommerziell vertretbar ist - was in der Vergangenheit nicht immer der Fall war.
Wie steht es um den Ausbau der technischen Infrastruktur ?
Es wird ein einheitliches Kernbankensystem für Bawag und P.S.K. geben. Das heißt, Bawag-Filialen und Poststellen hängen an einem System und sind voll miteinander vernetzt. Das soll ab Anfang November in Betrieb sein.
Wenn sie sich so eng vernetzen, stellt sich die Frage, ob die Post nicht auch eigentumsrechtlich ein guter Partner wäre.
Das ist eine Frage, die die Post selber beantworten muss.
Welcher Käufer wäre aus ihrer Sicht gut für die Bawag?
Verkäufer ist ja unser Eigentümer, der ÖGB. Es gibt weder Bevorzugungen noch Benachteiligungen für irgendwelche Käufergruppen. Im Rahmen des Settlements - des Abkommens das wir mit den Refco-Gläubigern geschlossen haben - haben die Refco-Gläubiger das Recht auf eine Beurteilung des fairen Preises beim Verkauf. Das gilt aber für alle Käufer. Es gibt also keine Diskriminierung von Österreichern, aber auch keine eingebaute Bevorzugung.
Was passiert, wenn den Refco-Gläubigern der Verkaufspreis nicht fair erscheint?
Dann gibt es ein Verfahren, das mit den Gläubigern abgewickelt werden muss. Primär geht es im Verkaufsprozess um den Verkaufserlös. Jede Abweichung vom besten Angebot bedarf einer speziellen Begründung.
Sie gelten jetzt als der Retter der Bawag. Das wäre doch ein Bonus, mit dem Sie einmal für die SPÖ das Amt des Finanzministers antreten könnten?
Es hat eine Zeit gegeben, wo ich durchaus politische Ambitionen hatte. Die liegt hinter mir. Jetzt ist es meine Ambition, die Bawag in ihrer Expansionsphase zu begleiten.
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