Für dieses Jahr Gewinn erwartet, keine Dividende. | Staatsgarantie: Bank zahlt dafür drei Prozent. | Postämter-Schließungen ohne Folgen für Geschäft. | "Wiener Zeitung": Ihr Vertrag ist zunächst auf drei Jahre befristet. Wo sehen Sie die Bawag in drei Jahren? | Byron Haynes:Ich will die Bawag fit für Wachstum machen. Wir sind in Österreich die Nummer eins im Privatkunden- und Spargeschäft, und das wollen wir bleiben. Wir haben ein tolles Vertriebsnetz mit landesweit mehr als 1400 Filialen und Verkaufsstellen, plus Internet-Banking und Direktbank Easybank. Meine Vision ist, dass die Kunden die Bawag PSK als die österreichische Bank schlechthin sehen, der sie ihre Ersparnisse anvertrauen.
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Sie sprechen von Wachstum, doch gleichzeitig werden hunderte Postämter geschlossen, über die Sie Ihre Bankenprodukte vertreiben. Wie viele Postämter dürfen zusperren, bis die Bawag aufschreit?
Derzeit haben die Postämter-Schließungen keine Auswirkungen auf unser Privatkunden-Geschäft, weil das Postpartner-Konzept sehr gut funktioniert. Wir verzeichnen kontinuierliches Wachstum.
Gibt es aber keinen Qualitätsunterschied, besonders bei komplexeren Produkten, wenn nun die Post-Partner Ihre Produkte verkaufen, im Unterschied zu den bereits seit Jahren eingeschulten Postbeamten?
Es gibt spezielle Post-Filialen, wo Finanzberater Kunden mit komplexeren Produkten bedienen können. Wie gesagt, wir sind führend bei Sparguthaben und Girokonten, die wir über alle unsere Filialen anbieten können.
Sie haben der Österreichischen Post AG rund 100 Millionen Euro jährlich bezahlt, um über deren Filialen vertreiben zu können. Sparen Sie durch die Zusammenarbeit mit den Post-Partnern Geld?
Die Vereinbarungen für die Zusammenarbeit sind gleich geblieben. Sie beruhen auf Umsatz-, nicht auf Kostenbasis, und es gibt keine Kostenersparnis.
Was ist mit Mehrkosten? Müssen Sie nun die Post-Partner auf Ihre Produkte einschulen?
Unsere Kosten waren heuer im ersten Halbjahr niedriger als im ersten Halbjahr 2008. Wir sparen beim Sachaufwand, etwa bei Informationstechnologien oder im Beschaffungswesen. Aber wir investieren in unser Personal, und dazu gehören Schulungen.
Sind noch zusätzliche Vertriebskanäle geplant?
Nein, wir wollen die vorhandenen Vertriebskanäle optimal nutzen und neue Fonds- und Sparprodukte, die sehr beliebt sind, über diese Schienen vertreiben.
Wie begegnen Sie der harten Konkurrenz durch Raiffeisen im Privatkundengeschäft?
Man muss alle Mitbewerber im Auge behalten. Aber niemand kann mit unserem Vertriebsnetz konkurrieren. Das Privatkundengeschäft ist definitiv unser Kerngeschäft, und diese Tradition wollen wir fortsetzen. Daneben wachsen wir bei Klein- und Mittelbetrieben.
Diskussionen über die Eigentümerschaft sorgen für Unsicherheit. Cerberus steht unter Druck unter anderem wegen einer Fehlinvestition in Chrysler. Wie lange kann Cerberus sich die Bawag noch leisten?
Zu Cerberus kann ich nichts sagen, und Sie sollten wissen: Ich bin kein Cerberus-Mann. Ich kannte Cerberus nicht einmal, bevor ich zur Bawag kam. Was ich aber kommentieren kann: Als von Cerberus gefordert wurde, 205 Millionen Euro Eigenkapital nachzulegen, traf das Geld wie vereinbart am 6. August ein. Cerberus hat Hilfe geboten, als es nötig war, ebenso wie sie uns zuvor unterstützt haben. Die 205 Millionen zeigen mir, dass das auch in Zukunft so sein wird.
Bei der Übernahme der Bawag Mitte 2007 kündigte Cerberus an, schon 2012 wieder aussteigen zu wollen. Ist das heute noch realistisch?
Ich bezweifle, dass Cerberus 205 Millionen zugeschossen hätte, würde man kurzfristige Pläne haben, auszusteigen. Ich sehe das als mittelfristiges Engagement unserer Eigentümers.
Cerberus war aber gezwungen, selber Geld in die Hand zu nehmen, um für die Bawag Staatshilfen von 550 Millionen und Garantien über 440 Millionen Euro zu bekommen.
Wenn Sie sich unsere Eigenkapitalquote ansehen, hat Cerberus schon zuvor Geld hineingesteckt. Der Grund, warum unser Mehrheitseigentümer jetzt Kapital eingebracht hat, ist: Die Bawag ist als Bank systemrelevant. Alle Großbanken haben Hilfe vom Staat bekommen und wir sind auch diesen Weg gegangen.
Aber die Bawag muss 9,3 Prozent Zinsen für das Partizipationskapital berappen - statt 8 Prozent, die andere Banken zahlen. Außerdem hat der Staat ein Recht, mit dem er das Partizipationskapital in stimmberechtigte Aktien wandeln könnte. Fühlen Sie sich diskriminiert?
Keineswegs. Harte Verhandlungen haben wir erwartet, es geht schließlich um Steuergeld. Aber die Vereinbarung zwischen der Republik und unseren Aktionären ist fair. Ich finde nicht, dass wir diskriminiert wurden.
Wenn der Staat wandeln würde, wie hoch wäre sein Bawag-Anteil?
Das Wandlungsrecht wird nur dann schlagend, wenn die Bawag einige Jahre hindurch das Partizipationskapital nicht bedienen kann. Das haben wir nicht vor.
Wenn die Bank ihre Gewinne für die Rückzahlung benötigt, bleibt wohl nichts mehr für Dividenden übrig.
Es hat schon bisher keine Dividenden gegeben, und es wird auch für 2009 keine geben.
Wie verläuft das Genehmigungsverfahren für die Staatshilfe bei der EU-Kommission?
Dieser Prozess läuft nach Plan. Wir beantworten alle Fragen, die an uns gerichtet werden. Angepeilt ist eine Genehmigung bis Jahresende.
Sie wollen das Staatskapital in spätestens fünf Jahren zurückbezahlt haben. Schließlich steigen ab dann die Zinsen Jahr für Jahr an.
Das würde wirtschaftlich Sinn machen, würde aber einer Gesetzesänderung bedürfen: Im Moment ist es nicht möglich, Partizipationskapital nach und nach über Jahre zurückzuzahlen.
Die Österreichische Volksbanken AG hat diese Möglichkeit.
Das kann ich nicht beurteilen. Es dürfte jedenfalls zu einer Belastung für den Kapitalmarkt werden, wenn alle Banken um das fünfte Jahr herum ihre Staatsgelder zurückzahlen. Und es wäre wohl den meisten recht, über die Jahre zurückzahlen zu können.
Wie entwickelt sich das in der Vergangenheit problematische Portfolio mit strukturierten Kreditpapieren in Höhe von 1,5 Milliarden Euro?
Wir haben hier bereits große Fortschritte beim Abbau der Risiken erzielt. Trotzdem beobachten wir die weitere Entwicklung.
Ein Teil der Risiken wird ja wohl auch durch die 400 Millionen Euro schwere Staatsgarantie abgedeckt.
Das stimmt.
Wie hoch ist das Haftungsentgelt auf die Garantien für diese problembehafteten Wertpapiere?
Sie können davon ausgehen, dass das Entgelt für die Garantien bei 3 Prozent liegt.
Im ersten Halbjahr ist die Bawag - auch durch die günstigere Marktsituation - in die Gewinnzone zurückgekehrt. Wird es auch im Gesamtjahr einen Gewinn geben?
Aus heutiger Sicht ja. Im dritten Quartal mussten wir deutlich weniger Kreditrisikovorsorgen aufbauen als erwartet. Insgesamt werden die Risikokosten aber weiter steigen.
Schmieden Sie bereits wieder Expansionspläne?
Uns geht es vor allem darum, im Österreich-Geschäft zu wachsen. Hier liegt der Fokus unserer Investitionen.
Was konkret wollen Sie denn auf dem heimischen Markt erreichen?
Wir wollen einen Jahresgewinn von 500 Millionen Euro erzielen (das war schon bisher die Zielvorgabe von Cerberus, Anm.). Aus heutiger Sicht könnte das 2014 der Fall sein.
Sie haben zuletzt 400 Mitarbeiter abgebaut. Können Sie einen weiteren Personalabbau ausschließen?
Wir wollen in unser Wachstum investieren und qualifizierte Mitarbeiter zu uns lotsen. 2010 wird gesamtwirtschaftlich aber ein schwieriges Jahr, dementsprechend müssen wir die weitere Entwicklung abwarten. Ganz ausschließen kann ich Personalkürzungen somit nicht, der Fokus liegt jedoch auf Investitionen in unsere Mitarbeiter.
Zur Person
Byron Haynes löste per 16. September seinen britischen Landsmann David Roberts als Vorstandschef der Bawag ab. Roberts war aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten. Der 1966 in Enfield bei London geborene Haynes ist seit August 2008 Finanzvorstand der Bawag. Ob diese Funktion neu besetzt wird oder ob der mit einer Ungarin verheiratete Vater zweier Söhne diese weiter in Personalunion ausübt, ist noch offen. Vor seinem Wechsel zur Bawag war Haynes Europa-Finanzchef des niederländischen Bankriesen ABN Amro.