Stolzer Kaufpreis von 3,2 Mrd. Euro. | ÖGB von seinen Schulden befreit. | Bundeshaftung bleibt unangetastet. | Wien. Spannend war es bis zur letzten Minute: das Rennen um die Gewerkschaftsbank Bawag. Seit Donnerstagabend ist es entschieden. Der Gewinner heißt Cerberus. Seit Wochen als einer der Favoriten gehandelt, hat der finanzkräftige US-Fonds das große Los gezogen - zusammen mit seinen österreichischen Partnern.
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Insgesamt 3,2 Mrd. Euro lässt sich das Konsortium den Kauf des fünftgrößten heimischen Kreditinstitutes kosten. Ausgestochen wurden damit in hartem Finalkampf der US-Finanzinvestor Lone Star und die Bayerische Landesbank, die sich zuletzt noch mächtig in Position gebracht hatte.
Der ÖGB - er hat seine Entscheidung für das Offert der von Cerberus angeführten Bietergruppe gestern in den Abendstunden offiziell gemacht - kann aufatmen: Mit einem Schlag ist er von all seinen Schulden (mehr als 2 Mrd. Euro) befreit und damit der drohenden Pleite entronnen.
Der Beschluss im ÖGB-Bundesvorstand, die Bawag an das amerikanisch-österreichische Konsortium zu verkaufen, erfolgte einstimmig. Mit 2,6 Mrd. Euro soll der größte Teil des Erlöses in die Kassen des ÖGB fließen. Die restlichen 600 Mio. Euro sind für die Bawag als Ersatz für die 900 Mio. Euro schwere Bundeshaftung gedacht.
Damit ist es fix, dass die Staatsgarantie nicht schlagend wird und der Steuerzahler verschont bleibt. Mit der Haftung der Republik musste die durch das Karibik- und Refco-Finanzdesaster stark zerrüttete Bawag im heurigen Frühjahr aufgefangen werden, sonst hätte sie nicht bilanzieren können - und wäre zusammengebrochen.
Auch Post und Androsch bei Cerberus an Bord
Dem siegreichen Cerberus-Konsortium gehören neben der Generali-Versicherung und der Bausparkasse Wüstenrot seit kurzem auch der frühere SPÖ-Finanzminister und einstige CA-Generaldirektor Hannes Androsch sowie die Österreichische Post AG an. Für die Post ist die Bawag ein besonders wichtiger Partner. Denn die Bawag nutzt das weitläufige Vertriebsnetz der Post, was der wiederum auf Basis eines bis 2012 laufenden Vertrages jährlich etliche Millionen an Provisionen einbringt. Die Post ist an dem lukrativen Geschäft weiter interessiert. ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer betont, durch die Beteiligung von Wüstenrot, Generali, Post und der "sehr feinen Industriellengruppe" um Hannes Androsch bleibe der Bawag eine starke österreichische Identität erhalten.
Keine Filetierung, nach Sanierung Börsengang
Eine Zerschlagung der Bawag werde es nicht geben, wie deren General Ewald Nowotny versichert, der am Donnerstag von dem Magazin "News" zum "Manager des Jahres" gekürt wurde. Nowotny spricht von positiven Perspektiven unter den neuen Eigentümern. So soll die Bawag zur Europa-Zentrale für die Finanzgeschäfte der Cerberus-Gruppe aufgewertet werden. Und auch ein Börsegang (nach der Sanierung) ist in einigen Jahren ins Auge gefasst.
Cerberus selbst hat angekündigt, die Bawag mit dem europäischen Geschäft der vor kurzem übernommenen "GM Bank" verschmelzen zu wollen. Dass das Konsortium das Bieterrennen letztlich doch für sich entscheiden konnte, hat dem Vernehmen nach mit einer zugesagten Arbeitsplatzgarantie für die nächsten fünf Jahre zu tun. Die Bawag beschäftigt in der Gruppe etwa 6000 Mitarbeiter, im reinen Bankgeschäft, dessen Asset das größte flächendeckende Filialnetz in Österreich ist, sind es mehr als 4000.
Die im Endspurt unterlegene BayernLB will indes ihre bisherigen Geschäftsverbindungen mit der Bawag unverändert fortsetzen. Mit "Bedauern" hat die Münchener Großbank die Entscheidung des Gewerkschaftsbundes, nicht an einen "Strategen" zu verkaufen, zur Kenntnis genommen: "Die wesentliche Ratio unseres Angebots lag in der guten strategischen Ergänzung beider Häuser und dem hohen Potenzial für die unternehmerische Weiterentwicklung - sowohl für die BayernLB als auch die Bawag." Eine weitere Erhöhung des Kaufpreises wäre jedoch aus Sicht der BayernLB nicht zu vertreten gewesen, so deren Chef Werner Schmidt.
Einschließlich einer Geldspritze für die Bawag soll die BayernLB, die außerhalb Deutschlands expandieren will, mehr als 3 Mrd. Euro geboten haben.
Stichwort: Cerberus
Cerberus (Kerberos) war der dreiköpfige Höllenhund der griechischen Mythologie, der den Eingang zur Unterwelt bewacht. Jetzt wird Cerberus "das Geld der Bawag bewachen", sagen die Neo-Eigentümer der nach milliardenschweren Fehlspekulationen ihrer Ex-Chefs angeschlagenen Gewerkschaftsbank.
In der Finanzbranche ist der Fonds prominent. Chef und höchster Repräsentant von Cerberus ist der ehemalige US-Finanzminister John Snow. Erst vorige Woche hat Snow bekräftigt, dass Europa für ihn strategische Priorität habe und er hier "viel Zeit" zu verbringen gedenke.
Cerberus Capital Management ist eine der weltweit führenden privaten Investmentfondsfirmen. Cerberus hat seinen Hauptsitz in New York und ist in mehr als 40 Ländern weltweit investiert. Einst als Hedge-Fonds engagiert, sieht man sich heute als Private Equity Investmentfirma, die das "Heuschrecken-Image" abzuschütteln sucht.
Gegründet wurde die Gesellschaft 1992 von Steve Feinberg und zwei Partnern. 16,5 Milliarden Dollar (knapp 13 Mrd. Euro) an Fondskapital werden verwaltet, mehr als 35 Mrd. Dollar hat die Gruppe weltweit in Wertpapierbesitz und Beteiligungen investiert - auch in mehrere Banken. Als Exempel für das Engagement im Finanzsektor gilt die einst zu zwei Drittel erworbene japanische Bank Aozora, bei der die Amerikaner erst vor kurzem - zum Mehrfachen des Einsatzes - nach sieben Jahren die Hälfte ihrer Aktien über die Börse verkauften.
Eines der prominenten Milliarden-Investments von Cerberus im Finanzbereich ist die Beteiligung an der lukrativen Finanzsparte von General Motors (GMAC). Als "Wahlversprechen" hatte Cerberus dem ÖGB zugesagt, die Bawag zur Europa-Zentrale dieser "GM Bank" machen zu wollen.