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Bawag: Ring frei für den Verkauf

Von Sissi Eigruber und Franz Steinbauer

Politik

ÖGB trennt sich nach Karibik-Debakel von seiner Bank. | Banken und Versicherungen bekunden Interesse an Kauf. | Wien. Rudolf Hundstorfer, interimistischer Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), macht einen völlig mitgenommenen Eindruck, als er am Freitag vor die Presse tritt. Der ÖGB wolle die Bawag im Interesse der Kunden und Mitarbeiter wieder aus der politischen Tagesdiskussion herausbringen; "darum dieser wahnsinnig schmerzhafte Schritt", erklärte Hundstorfer den ÖGB-Beschluss, der in der Nacht von Donnerstag auf Freitag gefällt worden war.


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Zu welchen Konditionen verkauft wird, wollte er nicht sagen. Offen ist zum Beispiel, wie das Risiko der Refco-Prozesskosten beim Verkauf gehandhabt wird, oder ob die Bayern LB - an die dem Vernehmen nach Anteile verpfändet wurden - einem Verkauf zustimmt. Der ehemalige Bawag-Teileigentümer Bayern LB verweist auf das Bankgeheimnis und will sich dazu vorerst nicht äußern. Der Verkaufsbeschluss des ÖGB-Bundesvorstandes lautet auf "bis zu 100 Prozent" des Unternehmens. Dabei müssten nicht sofort alle Anteile verkauft werden, gab Bawag-Generaldirektor Ewald Nowotny zu verstehen.

Wer bietet mit?

Als möglicher Käufer hat sich die Wiener Städtische Versicherung ins Gespräch gebracht, die bereits in einer Bankenkooperation mit der Erste Bank steht. Bawag und ÖGB seien Versicherungsnehmer der Städtischen - wenn sie zu Verkaufsgesprächen einladen würden (was noch nicht geschehen ist), würde er dieser Einladung folgen, sagte der Generaldirektor der Wiener Städtischen, Günter Geyer, der "Wiener Zeitung". Zu dem kolportierten Verkaufspreis von 2 Mrd. Euro wollte Geyer keinen Kommentar abgeben. Alles weitere hänge von Verkaufskonditionen und Detailinformationen ab, die noch nicht bekannt seien. Komme die Städtische zu dem Entschluss, dass ein Einstieg interessant wäre, würde sie darüber mit der Erste Bank sprechen. Die wiederum ließ am Freitag verlauten: "Sollte es zu einem internationalen Ausschreibungsverfahren kommen, dann werden wir uns das anschauen". Die Generali Versicherung hatte schon vor einem Jahr Interesse an Bawag-Anteilen geäußert, was der ÖGB damals als "Frühlingsgefühle" abgetan hatte. Trotz des nunmehr offiziellen Startschusses für den Verkauf will sich Generali-Generaldirektor Karl Stoss derzeit aber nicht zu möglichen Kaufabsichten äußern. Er lässt lediglich ausrichten, dass die Generali grundsätzlich an jedem zusätzlichen Vertriebsweg interessiert sei.

Auch die Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG) zeigt Interesse an der "Bawag P.S.K.": Man werde sich das Angebot grundsätzlich anschauen, hieß es gegenüber der Austria Presse Agentur.

Die Slav AG, die im Rahmen eines ukrainischen Konsortiums kürzlich vergeblich für die Bank Burgenland geboten hatte, hat "bisher noch nicht überlegt", ob sie am Erwerb der Bawag Interesse hat, erklärte Pressesprecherin Larissa Ivasyuk auf Anfrage.

Betriebsrat überrascht

"Auch wir sind überrascht worden", kommentierte Ingrid Streibel-Zarfl, Betriebsratsvorsitzende der Bawag, den Verkaufsbeschluss. Der Betriebsrat habe dem ÖGB jedenfalls umgehend einen Forderungskatalog mit folgenden Punkten vorgelegt: Mitspracherecht des Betriebsrates bei der Änderung der Eigentumsstruktur, Sicherung der Arbeitsplätze, österreichischer Kernaktionär, und "wir wollen, dass der ÖGB weiter eine Beteiligung an der Bank hält". Der Betriebsrat sei jedenfalls bereit, großen Druck auszuüben, was bei der Forderung nach dem Rücktritt der Vorstände bereits gelungen sei. Kampfmaßnahmen schließt Streibel-Zarfl nicht aus, sieht dafür jetzt aber keine Notwendigkeit. Vorerst setze man auf Kooperation.