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BAWAG: Verzetnitsch im Kreuzfeuer

Von WZ Online

Politik

Parteien: Massive Kritik an Verzetnitsch | Gewerkschaften: Empörung über die Gefährdung des Streikfonds | Finanzmarktaufsicht untersucht | ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch muss heute, Montag, gleich zwei Mal die Verluste der BAWAG verantworten. Der Aufsichtsrat der Bank will ebenso Aufklärung wie das Präsidium des Gewerkschaftsbundes. Seinen Rücktritt schloss Verzetnitsch aus.


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Die BAWAG P.S.K, die zu 100 Prozent im Eigentum des ÖGB steht, hatte am Freitag bekannt gegeben, dass sie 2000 riskanten Spekulationsgeschäften am Rande der Insolvenz gestanden war. Die Empörung darüber ist groß unter den Gewerkschaftsmitgliedern. Immerhin hatte eine Zeit lang sogar der Streikfonds für die Verluste in der Höhe von 999 Millionen Euro gehaftet. Hans Salmutter, Ehrenvorsitzender der Privatangestellten, forderte denn auch den Rücktritt Verzetnitschs. Druckergewerkschafts-Chef Franz Bittner ließ sich mit der Forderung nach Konsequenzen alle Möglichkeiten offen.

Schwere Vorwürfe werden auch gegen Günter Weninger vorgetragen, der als ÖGB-Finanzchef für die Verwaltung des Vermögens zuständig ist. Die Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) will einen außerordentlichen Gewerkschaftstag.

Verzetnitsch, schloss seinen Rücktritt aus. "Warum sollte ich das tun", fragte der Präsident im Gespräch mit der APA. "Ich war und bin nicht bereit, Verantwortung für die Fehler des damaligen Managements zu übernehmen. Er versuchte gleichzeitig, die SPÖ aus der Verantwortung zu entlassen. Die Angelegenheit habe nichts mit der SPÖ zu tun, auch wenn von politischen Mitbewerbern jetzt versucht werde, das Thema in den beginnenden Wahlkampf hineinzuziehen: "Die SPÖ ist nicht involviert. Das ist eine Angelegenheit innerhalb des ÖGB, die auch innerhalb des ÖGB zu bereinigen ist."

Meinungen der Parteien

Den Gefallen, das Problem beim ÖGB zu belassen, taten ihm die anderen Parteien nicht. ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka sprach von einem "roten Netzwerk", in dessen Zentrum er Verzetnitsch, SP-Chef Alfred Gusenbauer und AK-Präsident Herbert Tumpel sah. FP-Chef Heinz-Christian Strache warf Verzetnitsch vor, "eisern auf seinem Sessel festzukleben und sich an seine Privilegien zu klammeren". Für BZÖ-Sprecher Uwe Scheuch sind Rücktritte "unumgänglich".

Grünen-Budgetsprecher Werner Kogler bezeichnete SPÖ und ÖGB als "unglaubwürdig" und verlangte auch eine Erklärung von Finanzminister Karl-Heinz Grasser (ÖVP), "der gegenüber der damaligen Bankenaufsicht voll durchgriffsbefugt war".

SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer verurteilte am Samstag unverantwortlichen Umgang mit dem Geld kleiner Sparer - und deponierte die Erwartung, dass "die Verantwortlichen auch einen persönlichen Beitrag zur Wiedergutmachung leisten". Versuche der Regierung, die Probleme der BAWAG der SPÖ anzulasten, wies er zurück.

Heiße Sitzung in der BAWAG

Spannend wird auch Verzentnitschs zweiter Termin am Montag. Der Betriebsrat der BAWAG P.S.K. fordert die "verantwortlichen Vorstände" auf, bei der außerordentlichen Aufsichtsratssitzung zurückzutreten. "Die Betriebsratsvorsitzende Ingrid Streibel-Zarfl plädierte sie auch für "Gleiches Recht für alle": Vor zwei Wochen sei das Dienstverhältnis mit einer Mitarbeiterin beendet worden, die unter anderem ohne Pouvoir am Filialleiter vorbei eine Kontoüberziehung in der Höhe von 1.000 Euro genehmigt hatte. Sie zog daraus den Schluss, dass auch die Führungsebene zur Verantwortung gezogen werden müsse.

Dazu kommt, das einem Profil-Bericht zufolge, die Finanzmarktaufsicht dem Verdacht auf Bilanzmanipulation nachgeht. Der Artikel zitiert einem Mitarbeiter der FMA mit der Aussage "Es entsteht der Eindruck einer reichlich kreativen Buchführung."

Nowotny: BAWAG wieder gesund

Ewald Nowotny, der erst seit kurzer Zeit Generaldirektor der BAWAG P.S.K ist, erklärte, dass das nun bekannte Ausmaß des Schadens aus den Karibik-Geschäften im Jahr 2000 bei seinem Eintritt zunächst "nicht sichtbar" gewesen sei. Dennoch könne er jetzt für die Vergangenheit nach bestem Wissen und Gewissen sagen "hier ist nichts", meinte Nowotny auf die Frage, ob es allenfalls noch "Leichen im Keller" geben könnte. Es sei ein eigenes Team eingesetzt, das den gesamten Komplex analysiere.

Bei den kritisierten Geschäften der Vergangenheit müsse man jedoch die Dinge unterscheiden. Der Kredit an Refco sei ein Betrugsfall gewesen, "hier ist die BAWAG Opfer". Da hoffe man, zumindest einen Teil wieder zurückzubekommen. Man habe in der Bilanz aber schon alles wertberichtigt. Zweitens gehe es um die Karibik-Geschäft, also "fehlgeschlagene Investitionen" von Gesellschaften von Flöttl jun., bei denen die BAWAG Financier war. Und drittens die so genannten "Pipe"-Geschäfte, deren Rückführung der Vorstand bereits unter seiner Leitung im Jänner 2006 beschlossen habe.

Dass die BAWAG wegen der hohen Verluste im Jahr 2000 insolvenzgefährdet gewesen wäre, stellte Nowotny im Radio-Interview in Abrede.

Heute habe die BAWAG "kein Problem" mehr, "das sind historische Dinge". Insofern sei auch die ihm bei Antritt seiner Generaldirektor-Funktion gemachte Zusage richtig gewesen, dass er "eine saubere BAWAG" übernehme, sagte Nowotny auf die Frage, ob er irgendjemandem "böse" sei. Die Bank zählt im Konzern 6.000 Beschäftigte und hat rund 1,3 Mio. Privatkunden.