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Der prophezeite Hinauswurf Griechenlands aus der Eurozone soll den Kurs der CSU in Richtung Wahlschlappe stoppen.
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Der kabarettistische "Fastenprediger" beim traditionellen Starkbieranstich im März auf dem Münchner Nockherberg wetzt schon die ohnedies scharfe Zunge. Er hat soeben ideales Material für das "Derblecken" (= durch den Kakao ziehen) der Politiker bekommen. Den Auftakt für den Wirbel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel gegeben, als sie dem griechischen Regierungschef Antonis Samaras versicherte, die Regierung in Berlin setze auf den Verbleib Griechenlands in der Eurozone. Prompt desavouierte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt die Position der Schwesterpartei CDU mit der Prophezeiung, dass Griechenland im nächsten Jahr zur Drachme zurückkehren müsse. Und in einem Aufwaschen punzierte er den EBZ-Chef Mario Draghi als "Falschmünzer Europas", weil dieser Zinsobergrenzen beim Ankauf von Staatsanleihen aus Krisenländern vorschlage. Daraufhin hagelte es Kritik: "Sprachrohr des Pöbels", Bedienung von "Stammtischkasperln", politischen Kleingeistern und grölenden Radaubrüdern mit einer Bazooka im Mund. Merkel rüffelte unaufgeregt: In dieser entscheidenden Phase Europas möge jeder seine Worte genau abwägen. Immerhin sei der Euro Ausdruck eines "irreversibel vereinigten Europas". Das zielte auch auf den Befund von Bayerns Finanzministers Markus Söder: "Nach meiner Prognose" müsse das bankrotte Griechenland zu Jahresende aus der Eurozone ausscheiden. Weil sich Athen selbst in Probleme geritten habe, müsse die EU "ein Exempel statuieren". Weitere Hilfen seien "wie Wasser in der Wüste zu vergießen". Max Straubinger, stellvertretender Chef der CSU-Landesgruppe im deutschen Bundestag, empörte dieses "provinzielle Gemecker". Die Ansicht, Griechenland käme mit der Drachme schneller auf die Beine, sei "ein Stück aus Absurdistan". Merkel manage die Euro-Krise "hervorragend". Und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) legte nach: "Töricht" und "unpatriotisch", weil Bayerns Wirtschaft doch von Exporten lebe. Derart an der Zunge gezogen, sprach CSU-Chef Horst Seehofer ein Machtwort aus dem Urlaub: "Die CSU kämpft für den Erhalt und den Erfolg des Euro und nicht gegen Staaten oder einzelne Personen." Diese Canossa-Attitüde erzwingen die tristen Aussichten der CSU bei den nächsten Landtagswahlen in Bayern 2013. 2008 stürzte die CSU von 60 auf 43 Prozent ab und verlor erstmals die absolute Mehrheit. Nur die 8 Prozent der FDP retteten die Regierung. In Umfragen seit April liegt die CSU zwischen 46 und 43 Prozent, Tendenz fallend. Und die FDP grundelt um die 3 Prozent. Hingegen segelt die Opposition im Aufwind: SPD 20 bis 23 Prozent, Grüne 10 bis 13 Prozent und "Freie Wähler" 7 bis 9 Prozent. Hält dieser Trend an, droht der CSU der Weg in die Opposition. Laut jüngsten Umfragen wünschen 69 Prozent der Deutschen den Austritt Griechenlands aus der Eurozone. Also schwenken Dobrindt und Söder auf die Meinung des Volkes ein und schwängern mit "hinausgeworfenem Geld" den Luftraum über den Biertischen. Die beliebte TV-Sendung "Dahoam is dahoam" liefert dafür die Grundstimmung: Die bayerischen Euro sollen "dahoam" bleiben und nicht in der Wüste versickern.