Prüfung von Klagen gegen frühere Hypo-Verkäufer. | "Süddeutsche": Erste Entscheidung zu Schadenersatz Ende März. | München/Klagenfurt. Auch wenn es in der Öffentlichkeit anders kommuniziert wurde: Spätestens seit dem 29. November 2008 konnte sich die Hypo Group Alpe Adria wohl nicht mehr voll auf die Rückendeckung ihrer Konzernmutter BayernLB verlassen. Wie aus dem Bericht des Hypo-U-Ausschusses des Bayrischen Landtags hervorgeht, ist an genanntem Tag - mit mittelfristiger Perspektive - beschlossen worden, sich von der Kärntner Bank zu trennen und die Osteuropastrategie aufzugeben. Dies sagte der Finanzminister des Freistaats, Georg Fahrenschon, als Zeuge aus.
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Pikant ist das insofern, als die offiziellen Aussagen der Verantwortlichen damals ganz anders gelautet haben: Am 1. Dezember 2008 wurde die Öffentlichkeit über die Beschlüsse jener von Fahrenschon angesprochenen Verwaltungsratssitzung informiert. In einer Aussendung hieß es zwar, die Hypo werde einem Restrukturierungsprogramm unterzogen. Durch die Kärntner Bank und die ungarische Tochter MKB habe man jedoch einen wichtigen Zugang zu Osteuropa - "den Wachstumsmärkten der nahen Zukunft". Bei einer Pressekonferenz am selben Tag stellte der damalige BayernLB-Chef Michael Kemmer zwar die komplexe Konzernstruktur der Hypo in Frage. Er erklärte jedoch, dass die Bank Teil des BayernLB-Konzerns bleibe.
Schadenersatzklagen werden "nicht billig"
Möglicherweise wollte die Bank damals nicht zu viel Staub aufwirbeln. Man hätte mitten in der globalen Finanzkrise die Kärntner Tochter wohl kaum ohne große Verluste verkaufen können. So erklärte sich die BayernLB notgedrungen auch dazu bereit, bei der Hypo eine Kapitalerhöhung von 700 Millionen Euro - im Wesentlichen alleine - zu stemmen. Dies war die Vorbedingung für einen Kapitaleinschuss von 900 Millionen Euro durch die Republik Österreich.
Wie bekannt, war dann in München in Sachen Hypo Alpe Adria jedoch endgültig der Ofen aus. Ende 2009 gab die BayernLB ihre Anteile um einen Euro an die Republik ab - nicht ohne der eigenen Tochter Liquidität zu entziehen. Insgesamt errechneten die Bayern aus dem Hypo-Abenteuer für sich einen Schaden von 3,7 Milliarden Euro - Geld, das man sich nun zurückholen möchte.
Laut "Süddeutscher Zeitung" dürfte die Prüfung von Schadenersatzklagen gegen die Verkäufer der Hypo-Mehrheit im Jahr 2007 - etwa das Land Kärnten - nun zu ersten Ergebnissen kommen. Diese sollen Ende März im Verwaltungsrat der BayernLB besprochen werden, wobei aus Regierungskreisen bereits zu hören sei, dass die Angelegenheit für die Hypo-Altaktionäre "nicht billig" werde.
Chancen rechnet man sich vor allem wegen der Affäre um die in den Jahren 2006 und 2007 von der Hypo vergebenen Vorzugsaktien aus - die "Wiener Zeitung" berichtete. Einem Teil der Aktionäre wurde durch geheime Verträge die Möglichkeit zugesichert, ihre Papiere wieder zurückzugeben. Es besteht der Verdacht, dass das so generierte Kapital deshalb zu unrecht als Bank-Kernkapital verbucht worden sein könnte. Im Bericht des Bayrischen Untersuchungsausschusses steht, dass - im Zuge der Prüfung des Mehrheitserwerbs - Hypo-Mitarbeiter den von der BayernLB beauftragten Wirtschaftsprüfern erklärt hätten, dass keinerlei solche Vertragskonstruktionen gewählt worden seien. Das Sitzungsprotokoll sei vom damaligen Hypo-Chef Siegfried Grigg unterschrieben, der seinerseits einen der oben beschriebenen Zusatzverträge unterzeichnet habe. Grigg war diesbezüglich in der Vergangenheit zu keiner Stellungnahme erreichbar, es gilt die Unschuldsvermutung.
Wie aus den Akten der Staatsanwaltschaft hervorgeht, wurde die Praxis der Zusatzverträge jedoch unter BayernLB-Eigentümerschaft fortgesetzt und das Bilanzproblem Anfang 2009 still und leise durch den Rückkauf von Vorzugsaktien im Wert von 200 Millionen Euro saniert - praktisch mit dem Geld, das die Hypo Ende 2008 von der Republik Österreich und der BayernLB erhalten hatte. Eine allfällige Anklage in diesem Zusammenhang steht noch aus - für alle gilt die Unschuldsvermutung.