Zum Hauptinhalt springen

Bayern zahlten Hypo-Investoren aus

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Vorzugsaktien aus Angst vor Aufsicht zurückerworben. | Justiz ermittelt wegen möglicher Bilanzfälschung. | Wien/Klagenfurt. Es ist Steuergeld gewesen, mit dem die Kärntner Hypo Ende April 2009 versucht hat, virulent werdende Probleme in Zusammenhang mit Vorzugsaktien still und heimlich zu planieren. Dokumente, die der "Wiener Zeitung" exklusiv vorliegen, deuten jedoch darauf hin, dass es nicht österreichisches, sondern bayrisches Steuergeld war.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Aus einer internen Präsentation der Hypo von Mitte April 2010 geht hervor, dass der Rückkauf der Vorzugsaktien mit der damaligen Hypo-Mutter BayernLB abgestimmt gewesen ist und auch von ihr bezahlt wurde. Konkret waren bei einer - im Dezember 2008 durchgeführten - 700 Millionen Euro schweren Kapitalerhöhung 200 Millionen für den Rückerwerb der Vorzugsaktien der Hypo-Leasing-Holding (HLH) reserviert (siehe Faksimile).

Zur Erinnerung: Eine erste Tranche Vorzugsaktien im Wert von 100 Millionen Euro war 2004 an Investoren verkauft worden, 2006 kamen weitere 100 Millionen Euro dazu. Bereits damals tauchten jedoch Probleme auf. Die Nationalbank bezweifelte in einem Prüfbericht, dass ein Teil der ersten Tranche "aus wirtschaftlicher Sicht" Kernkapital gewesen sei.

Heikle Nebenabreden

Grund war, dass die betroffenen Vorzugsaktionäre die Aktien per Hypo-Kredit erworben hatten. In der Folge musste sich die Kärntner Bank für diese Papiere neue Investoren suchen - just zu der Zeit, als man dringend Geldgeber für die zweite Tranche brauchte. Offenbar um die Attraktivität des Investments zu steigern, wurden mit einigen der prominenten und gut betuchten Geldgeber, die aus dem Dunstkreis der Bank stammten, Nebenvereinbarungen geschlossen.

In seiner Vernehmung bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt Ende September 2010 erklärte der ehemalige Hypo-Vorstand und Hypo-Leasing-Chef Josef Kircher, man habe einen Notar "beauftragt, Nebenvereinbarungen vorzubereiten, die den Vorzugsaktionären etwas mehr Sicherheit geben sollten", dahingehend, dass die Investoren "die realistische Aussicht hatten", dass sie ihre Aktien "zu einem bestimmten Zeitpunkt" zurückverkaufen können. Manche Kunden hätten auch eine Patronatserklärung gewünscht, laut der - zum Beispiel - die Hypo-Konzernmutter dafür sorgen würde, dass "die HLH in der Lage sein wird, die Dividenden zu bezahlen".

Panik in Rechtsabteilung

Dass dies problematisch sein könnte, dämmerte Mitarbeitern der zuständigen Stellen in der Hypo, nachdem sie Anfang September 2008 die Verträge erhalten hatten, die ursprünglich bei Kircher geführt worden waren (siehe Faksimile). In einem Aktenvermerk vom 6. Oktober 2008 heißt es: "Bei gewissen Vorzugsaktien kommt den Aktionären offenbar ein vorzeitiges (bzw. jederzeitiges) Kündigungs- und Rückgaberecht zu." Damit wären die Bedingungen für die - bis dahin durchgeführte - Anrechnung als Kernkapital in der Bilanz "offensichtlich nicht erfüllt".

In einem E-Mail schrieb der damalige Leiter der Rechtsabteilung an eine Mitarbeiterin: "Wir sollen für Dr. B. (möglicherweise der damalige Hypo-Chef Tilo Berlin, Anm.) die strafrechtliche Seite beleuchten. Was, wenn wir nichts tun? Was, wenn wir jetzt sanieren und callen (zurückkaufen, Anm.), ohne jemanden zu informieren? Was, wenn wir dabei erwischt werden, wie sollte die Dokumentation aussehen etc.?"

Staatsgeld für BayernLB

Offenbar entschied man sich dann für den stillen Rückkauf. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft, unter anderem steht der Verdacht der Bilanzfälschung im Raum. Kircher selbst betont, weder "für die Abwicklung" noch "für die Bilanzierung" der Vorzugsaktien zuständig gewesen zu sein. Für alle Betroffenen gilt die Unschuldsvermutung. Offen ist, in welche Details zu den Vorzugsaktien die BayernLB eingeweiht gewesen ist.Da die Münchner zur selben Zeit wegen der Finanzkrise Milliardenhilfen vom Staat erhielten, muss das Hypo-Management der Konzernmutter gegenüber jedoch gut begründet haben, warum 200 Millionen des erhaltenen Steuergelds in einen Aktienrückkauf der Kärnten-Tochter fließen sollten. Spannend ist die Angelegenheit jedenfalls auch in Zusammenhang mit der 900 Millionen Euro schweren Staatshilfe, die die Hypo Ende 2008 von Österreich erhalten hat.

Vorbedingung erfüllt?

Dass der Rückkauf der Vorzugsaktien aus diesem Geld finanziert worden wäre, wie das Magazin "News" aktuell berichtet, lässt sich aus den Unterlagen, die der "Wiener Zeitung" vorliegen, zwar nicht erhärten. Hier deutet - wie beschrieben - alles auf eine Finanzierung durch die BayernLB hin. Offensichtlich waren die Bayern jedoch in der Lage, um 200 Millionen Euro mehr zu bezahlen als eigentlich geplant. Wäre diese Summe in der Hypo geblieben, hätte der österreichische Steuerzahler seinerseits damals vielleicht weniger Geld in die marode Bank buttern müssen.

Außerdem hat die Nationalbank bei der Festlegung der Konditionen für die Staatshilfe die Hypo nur deshalb als "nicht notleidend" eingestuft, weil die Bayern zuvor die erwähnte 700 Millionen Euro schwere Kapitalerhöhung getätigt hatten. Dass gleich darauf 200 Millionen Euro an die Vorzugsaktionäre weitergereicht wurden - und somit nicht zur Stärkung der Bank beitrugen -, lässt die Frage aufkommen, ob wirklich alle Vorbedingungen erfüllt gewesen sind.

Details aus Liechtenstein

Ermittlungen laufen auch in Zusammenhang mit der ersten Vorzugsaktien-Tranche aus dem Jahr 2004. Ein Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft Klagenfurt bezüglich einer Anklage liegt nach wie vor im Justizministerium. Einem belastenden Gutachten der Staatsanwaltschaft stehen mittlerweile Gegengutachten der Beschuldigten gegenüber. Auch hier gilt die Unschuldsvermutung.

Auffallend ist, dass die Nationalbank in ihrem - eingangs erwähnten - Bericht 2007 die erste Vorzugsaktien-Tranche zwar kritisierte, jedoch keine "wesentliche Gesetzesverletzung" dabei ortete. Wie aus den Unterlagen der Bank hervorgeht, wurden der Finanzmarktaufsicht darüber hinaus bereits 2008 von den liechtensteinischen Behörden weitere Details zur ersten Tranche übermittelt.

Die neue Hypo-Führung hat nun jedenfalls 10,3 Millionen Euro für erwartete Strafzinsen seitens der Finanzmarktaufsicht wegen der Vorzugsaktien 2004 und 2006 zurückgestellt.