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„Die Kampfkraft Muammar Gaddafis erodiert”

Von Walter Hämmerle

Politik

Militärexperte Mühlberger: „Nato-Mission trägt Früchte”. | Kompromiss unwahrscheinlich.


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„Wiener Zeitung”: US-Verteidigungsminister Leon Panetta ist überzeugt, dass die Tage Gaddafis gezählt sind. Sie auch?Wolfgang Mühlberger: Mit solchen Ankündigungen sollte man vorsichtig sein, zu oft hat es bereits den Anschein gehabt, als ob das Regime Gaddafis vor dem Zusammenbruch steht. Es kann sein, dass es tatsächlich nur noch Tage bis dahin sind, genauso gut kann es aber auch noch Wochen und Monate dauern.

Läuft der Allianz die Zeit davon? Das UNO-legitimierte Nato-Mandat endet Ende September.

Wichtiger als der Faktor Zeit wird die Qualität der Ergebnisse sein. Libyen liegt im strategischen Umfeld der Europäischen Union, von daher ist ein stabiles Libyen von entscheidendem Interesse - nicht nur für die EU, sondern auch für die Nachbarn Tunesien und Ägypten. Zudem gibt es innerhalb der Nato-Allianz mit Großbritannien und Frankreich zwei treibende Kräfte hinter dem Libyen-Einsatz. Tatsächlich scheint die Mission nach mittlerweile mehr als 20.000 Flugeinsätzen jetzt langsam Früchte zu tragen: Gaddafis militärische Kräfte erodieren, jene der Rebellen werden zunehmend stärker.

Wie beurteilen Sie Gaddafis militärische Position? Fast täglich melden die Rebellen die Eroberung umkämpfter Städte.

Die Durchsetzung der Flugverbotszone hat dazu geführt, dass der Nachschub aus der Luft für Gaddafi vollständig ausgefallen ist. Mittlerweile scheinen auch die Versorgungslinien nach Süden und Westen gekappt, zudem versuchen die Rebellen gerade, die strategisch enorm wichtige Raffinerie westlich von Tripolis zu erobern. Tripolis wird damit zunehmend eingekesselt. Wenn es den Aufständischen gelingt, all diese Positionen zu halten, hat das zweifellos massive Folgen für die Kampfkraft, vor allem für die Mobilität der Truppen Gaddafis.

Wie sehr kann sich Gaddafi noch auf seinen innersten Kreis verlassen? Immer mehr Führungsmitglieder scheinen sich abzusetzen.

Gaddafi ist in all den Jahrzehnten seiner Herrschaft nie davor zurückgeschreckt, Gewalt anzuwenden. Von daher ist für alle diejenigen, die jetzt noch an seiner Seite stehen, Furcht wohl das stärkere Motiv als Loyalität.

Der Westen hatte jetzt ein halbes Jahr Zeit, die Rebellen kennenzulernen. Welche politischen Ziele verfolgen diese für die Ära nach Gadddafi?

Die Gegnerschaft zum Regime ist zweifellos das stärkste einigende Band. Ansonsten zeichnet sich unter den Rebellen ein Muster ab, wie wir es auch von den Parteibildungen in Tunesien und Ägypten gesehen haben: Pan-arabische Nationalisten, Moslembrüder und Monarchisten sind alle unter den Rebellen vertreten. Militante Islamisten sind dagegen nur eine kleine Minderheit, allerdings liegt es in der Natur von Revolutionen, dass diese auch Gedanken der Menschen verändern, und mitunter eben auch radikalisieren können. Auch die Stämme könnten in Zukunft zu einem entscheidenden Faktor werden, vor allem, wenn es zu Verteilungskonflikten kommt.

Ist eine diplomatische Lösung noch vorstellbar?

Gespräche sind nie ausgeschlossen, aber dass es nicht einmal während des Fastenmonats Ramadan zu einer Kampfpause kommt, zeigt, dass weder von den Rebellen noch von Gaddafi eine solche Lösung des Konflikts ernsthaft in Erwägung gezogen wird. Im Moment hat für alle Beteiligten inklusive Nato die militärische Option Vorrang.