Wer gilt im Strafrecht als Beamter? | Ausgegliederte nicht betroffen. | Wien. Seit Wochen sorgt der Fall des Wiener Landespolizeikommandanten Roland Horngacher für Schlagzeilen: Ihm wird neben der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Strafgesetzbuch (StGB) auch das Delikt des Amtsmissbrauchs (§ 302) zur Last gelegt. Anlass genug, um die rechtlichen Hintergründe dieses Tatbestands näher auszuleuchten.
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Die Strafbarkeit des Amtsmissbrauchs als Speerspitze gegen kriminelle Machenschaften im Zusammenhang mit der Ausübung öffentlicher Ämter war bereits im Strafgesetz 1945 fest verankert und mit schwerem Kerker bis zu zehn Jahren ebenso streng bestraft wie beispielsweise die Begehung eines Raubs. Ungeachtet der beinahe drakonischen Strafen weist die gerichtliche Kriminalstatistik für das Jahr 2004 (die Zahlen für 2005 werden erst veröffentlicht) bei den Verurteilungen wegen Verletzungen der Amtspflicht und verwandten strafbaren Handlungen (§§ 302-313) eine Steigerung von 49,3 Prozent gegenüber 2003 auf. Insgesamt wurden 2004 von österreichischen Gerichten 55 Beamte für schuldig erkannt, ihre Befugnisse wissentlich missbraucht zu haben.
Weiter Beamtenbegriff
Der strafrechtliche Beamtenbegriff als Dreh- und Angelpunkt des Amtsmissbrauchs ist dabei denkbar weit auszulegen und darf auf gar keinen Fall mit seinem dienstrechtlichen Pendant gleichgestellt werden. Beamter im Sinne des Strafgesetzbuchs kann - ungeachtet seiner dienstrechtlichen Stellung - jedermann sein, der in der Rechtsprechung oder in der Verwaltung tätig ist und nicht - wie etwa Putzpersonal oder Chauffeure - ausschließlich privatwirtschaftliche Arbeiten zu verrichten hat. Maßgeblich für die Beamteneigenschaft ist demnach nicht ein bestimmtes öffentlich-rechtliches Ernennungs- oder Anstellungsverhältnis, sondern es kommt allein auf die Funktion an, die der jeweilige Bedienstete zu erfüllen hat. So kann sich der Leiter eines Bauamts wegen Amtsmissbrauchs strafbar machen, wenn er ein Bauvorhaben mit einer nach der Bauordnung unzulässigen Bebauungsdichte bewilligt, gleich ob er dienstrechtlich als Beamter oder "bloß" als Vertragsbediensteter eingestuft ist. Desgleichen ist ein Universitätsdozent, der in einem rein privatrechtlichen Dienstverhältnis zur Universität steht, zu bestrafen, wenn er geheime Prüfungsaufgaben an Kandidaten aushändigt.
Selbst vor privaten Unternehmen - soweit diese mit hoheitlichen Aufgaben beliehen sind - macht der Amtsmissbrauch keinen Halt. So hat der Oberste Gerichtshof bereits entschieden, dass sich Inhaber von KFZ-Werkstätten, denen durch Verwaltungsrechtsakt des Landeshauptmanns die Befugnis zur wiederkehrenden Begutachtung von Kraftfahrzeugen (§ 57a KfG Überprüfung) eingeräumt worden ist, wegen Amtsmissbrauchs strafbar machen, wenn sie einem KFZ wider besseres Wissen die Verkehrssicherheit bestätigen. In diesen Fällen werden die Werkstätteninhaber funktional als Beamte tätig.
Postler sind Sonderfall
Keine Beamteneigenschaft kommt hingegen den Bediensteten ausgegliederter, nicht mit hoheitlichen Aufgaben betrauter Unternehmen, wie beispielsweise der Asfinag, der Schönbrunn GmbH, der Bundesimmobiliengesellschaft und der Österreichischen Bundesforste AG zu. Die von diesen Unternehmungen gesetzten Rechtsakte sind regelmäßig privatrechtlicher Natur und können daher keine Strafbarkeit wegen Amtsmissbrauchs nach sich ziehen.
Einen Sonderfall stellt die Post AG dar. Als ausgegliedertes Unternehmen ist sie generell nicht mit Aufgaben der staatlichen Hoheitsverwaltung betraut. Bedienstete der Post sind daher keine Beamte im strafrechtlichen Sinn. Dies gilt aber nur solange, als sie nicht in Vollziehung des Zustellgesetzes tätig werden und etwa Urteile, Beschlüsse oder behördliche Schriftstücke mit Zustellnachweis austragen. Behält ein Bediensteter derartige Sendungen zurück, macht er sich wegen Amtsmissbrauchs strafbar.
Oliver Plöckinger ist Privatdozent am Institut für Strafrechtswissenschaften der Universität Linz.