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"Ein Beamter ist in einem demokratischen Rechtsstaat mehr als bloßer Befehlsempfänger. Er hat sogar die Pflicht, seine Bedenken öffentlich zu machen, wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass Unrechtmäßiges geschieht. Wir leben nicht mehr in einem Obrigkeitsstaat."
Die Worte stammen - von der "Wiener Zeitung" zur Causa Edmund Entacher befragt - von Ludwig Adamovich, dem Ex-Verfassungsgerichtshofspräsidenten und nunmehrigen Berater von Bundespräsident Heinz Fischer. Mit der Entscheidung der Berufungskommission, die Abberufung des Generals als unrechtmäßig zu bewerten, besteht endlich Klarheit: Beamte genießen also doch nicht nur auf dem Papier erhöhten Schutz vor willkürlicher Ab- und Versetzung.
Die Gegenleistung der Staatsdiener für dieses Privileg besteht in einer erhöhten Verpflichtung zu Zivilcourage im Dienste des Gemeinwesens. Das ist, selbstverständlich, kein Widerspruch zum Primat der Politik. Einspruch, auch öffentlicher, ist etwas anderes als Widerstand. Die Letztverantwortung verbleibt bei der Politik.
Im Alltag ist es leider so, dass die jeweiligen Regierungsparteien die Zivilcourage ihrer Spitzen-Beamtenschaft in den vergangenen 10, 15 Jahren im wahrsten Sinn des Wortes weich geklopft haben. Bedenken zu äußern wurde mit Insubordination gleichgesetzt. Eine fatale Entwicklung, die bis heute anhält. Dazu haben, um der Wahrheit die Ehre zu geben, allerdings auch all jene Beamten beigetragen, denen vorrangig das richtige Parteibuch die Karriere ebnete. Und noch heute glauben SPÖ und ÖVP, auf manche Ministerien einen quasi naturrechtlichen Anspruch erheben zu können . . .
In Österreich gilt noch viel zu oft der Grundsatz: "Die Partei hat’s gegeben, die Partei hat’s genommen." Egal, wie man zur Streitfrage "Wehrpflicht gegen Berufsheer" steht, die Entscheidung pro Entacher ist zumindest eine Kampfansage an die kleinbürgerliche Untertanenmentalität. Beamte haben die Pflicht zu begründetem Widerspruch - nur deshalb sind sie uns Steuerzahlern lieb und mitunter auch teuer.
Politisch steht Verteidigungsminister Norbert Darabos vor einem Scherbenhaufen. Auch er hat in diesem Konflikt die Loyalität gegenüber seiner Partei über alles gestellt. Dass nun die Kompetenzen des Generalstabschefs beschnitten werden sollen, macht die fatale Optik nicht besser. Im Gegenteil.