Nicht nur simuliert China einen Angriff auf Taiwan. Darüber hinaus militarisiert sich das Land auch immer mehr.
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Es sind Militärübungen, die einem tatsächlichen Krieg schon sehr nahe kommen: Mehrere Gruppen von H-6K-Kampfflugzeugen mit scharfer Munition hätten "mehrere Wellen simulierter Angriffe auf wichtige Ziele auf der Insel Taiwan" ausgeführt, erklärte das chinesische Militär. Dabei sind die Flieger offenbar auch in die taiwanische Luftüberwachungszone eingedrungen. Außerdem hat die Volksrepublik auch eine Blockade der Insel geprobt.
Derart würde laut Militärexperten wohl auch ein chinesischer Invasionsversuch aussehen: Bei einer ersten Angriffswelle würde China mittels Kampfflugzeugen und Raketen vom Festland die strategisch wichtigsten Ziele auf Taiwan, etwa die Marine und Luftabwehr, beschießen. Gleichzeitig wird Taiwan am Luft- und Seeweg von Nachschub und Versorgung abgeschnitten. In einer zweiten Welle landen dann zehntausende chinesische Soldaten auf der Insel und erstürmen diese.
Dass dieses Szenario keineswegs unrealistisch ist, zeigen die jüngsten Militärübungen, die nach drei Tagen am Montag beendet wurden. In einer derartigen Konzentration und Bedrohlichkeit hat sie Taiwan in den vergangenen Jahrzehnten nicht erlebt.
Offiziell waren diese Übungen eine Reaktion Chinas auf den Besuch von Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen in den USA vergangene Woche. Tsai hatte dort in Kalifornien den Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, getroffen, den dritthöchsten Vertreter der USA.
Solche Treffen erzürnen die Volksrepublik. Denn in der Lesart Pekings darf Taiwan keine derartigen diplomatischen Schritte setzen, weil es kein eigenständiger Staat, sondern eine abtrünnige Provinz sei. Tatsächlich ist es so, dass Taiwan de facto unabhängig ist und im Gegensatz zum Festland demokratisch regiert wird, aber von kaum einem anderen Staat anerkannt wird. Deswegen unterhält Taiwan in vielen Ländern, etwa auch in Österreich, Wirtschafts- und Kulturbüros und keine offiziellen Botschaften.
Die Frage, ob die Volksrepublik diesen Status Quo weiter akzeptiert oder ihn gewaltsam ändern will, ist entscheidend für den künftigen Weltfrieden und die globale Ordnung. Denn an der Seite Taiwans stehen die USA, die sich militärische Hilfe für die Insel offen halten. Und es war wohl kein Zufall, dass ausgerechnet während der chinesischen Militärübungen rund um Taiwan der US-Lenkwaffen-Zerstörer "USS Milius" im Südchinesischen Meer auftauchte, wo China Gebietsansprüche stellt.
Staats- und Parteichef Xi will die Wiedervereinigung
Peking verkündete am Montag, dass die jüngsten Militärübungen eine Warnung an "Unabhängigkeitskräfte" in Taiwan gewesen seien. Allerdings mehren sich die Hinweise, dass China irgendwann nicht mehr warnen, sondern ernst machen und Taiwan tatsächlich angreifen könnte.
So bezeichnete Staats- und Parteichef Xi Jinping erst jüngst in einer prominenten Rede vor Parteikadern die "Wiedervereinigung des Mutterlandes" als einen der wichtigsten Bestandteile seiner Politik. Nachdem aber ein Großteil der rund 24 Millionen Einwohner Taiwans nicht unter die Herrschaft von Xi und seiner KP kommen will, bleibt für eine derartige Wiedervereinigung nur die Option der Gewalt.
Und dafür rüstet China immer mehr auf. Die Streitkräfte werden modernisiert, ihr Budget wurde für das Jahr 2023 noch einmal um mehr als sieben Prozent erhöht und beträgt nun offiziell etwa 206 Milliarden Euro. Experten gehen aber ohnedies davon aus, dass die offizielle Zahl zu niedrig ist und China tatsächlich noch mehr Geld für die Armee ausgibt.
Hinzu kommt eine voranschreitende Militarisierung der Gesellschaft. Private Unternehmen sind aufgefordert, ihre Expertise mit dem Militär zu teilen. Außerdem rief Xi zu einem Erziehungsprogramm auf, das die Bevölkerung noch stärker hinter der Volksbefreiungsarmee einen soll. Auch gibt es immer mehr Rekrutierungszentren - und in der Fujian-Provinz, die gegenüber der Küste von Taiwan liegt, werden laut Staatsmedien bereits Spitäler errichtet, die verwundete Soldaten versorgen können.
Ob Xi Taiwan tatsächlich angreifen wird und damit das Risiko einer Konfrontation mit den USA eingeht, lässt sich nicht voraussagen. Auf alle Fälle schaukelt sich der Konflikt immer mehr hoch - und wird damit auch für Europa zu einem immer drängenderen Problem.
Doch eine eindeutige Positionierung ist hier nicht abzusehen. Bei ihrem gemeinsamen China-Besuch machten Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron verschiedene Aussagen. Von der Leyen forderte China klar dazu auf, auf jegliche Form der Gewalt zu verzichten. Macron setzte nach dem Besuch eine andere Akzentuierung´vor. Europa solle weder "dem amerikanischen Duktus" noch "einer chinesischen Überreaktion folgen müssen", zitierte ihn das Portal "Politico".