Seit VwGH-Erkenntnis sind viele Raucherbereiche nicht rechtskonform.
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Wien. Mit der neuen Regierung könnte ein totales Rauchverbot in der Gastronomie kommen. Geht es nach Gesundheitsexperten, würde das Qualmen bereits längst aus Lokalen verbannt sein. Auch Gesundheitsminister Alois Stöger setzt sich für ein Verbot ein - bisher fehlte dafür die Mehrheit im Parlament. Das könnte sich nun ändern, wenn SPÖ und ÖVP eine Abschaffung der Ausnahmen überlegen. Eine Einigung gebe es derzeit nicht, sagt eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums.
Die Wirtschaftskammer Österreich hat erst unlängst ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie abgelehnt. Damit wären nicht nur 96 Millionen Euro an Investitionen in abgetrennte Raucherbereiche und Lüftungsanlagen umsonst. "Es könnte das Aus für 10 bis 20 Prozent der Gastronomiebetriebe bedeuten", warnt Wilhelm Turecek, Obmann der Wiener Fachgruppe Gastronomie: "Viele kleine Wirte müssten zusperren, wenn Raucher kürzer im Lokal bleiben oder einige Monate als Protest gegen das Rauchverbot ausbleiben."
Lokale mit einer Fläche unter 50 Quadratmetern können das Rauchen weiterhin erlauben, regelt eine Ausnahme in der 2008 erlassenen Tabakgesetz-Novelle. Kleine Cafés und Beisln, die laut Turecek die Mehrheit der 47.000 österreichischen Gastronomiebetriebe ausmachen, leben zum Großteil von Stammgästen, darunter viele Raucher. Einen Umsatzrückgang könnten diese Lokale nicht verkraften, so Turecek.
Lärm vorm Lokal befürchtet
Außerdem würden die Anrainerbeschwerden wegen Lärm zunehmen, weil die Gäste vor der Tür rauchen, so Turecek: "Das Rauchen wird nicht beschränkt, sondern nur verlagert." Dem hält Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres entgegen: "Die Gesundheit der Bevölkerung muss schließlich wichtiger sein als die Interessen einiger Wirte." Viele Wirte sind ebenfalls bereits für ein generelles Rauchverbot.
Mit der derzeitigen Regelung ist wohl kaum jemand zufrieden: Neben den zahlreichen Ausnahmen im Gesetz untersagt ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Sommer, dass Nichtraucher auf dem Weg zur Toilette oder zum Nichtraucherbereich durch den Raucherbereich gehen müssen. Das Gesundheitsministerium hielt das Durchqueren 2008 jedoch für zumutbar, wodurch viele Lokale nun "falsch" umgebaut haben. Der Wiener Wirt Heinz Pollischansky hat deshalb im Oktober eine Amtshaftungsklage gegen die Republik eingebracht. Er müsste nun noch einmal umbauen.
Helmut Hinterleitner, Obmann des Fachverbandes Gastronomie in der WKO, fordert daher, im Gesetz das Durchqueren von Raucherbereichen als zumutbar festzuschreiben - damit wären die getätigten Umbauten von 12.000 Betrieben rechtskonform und die Wahlfreiheit wurde bestehen bleiben. Das Gesundheitsministerium lehnte die Reparatur aber bisher ab. Die WKO empfiehlt Gastronomen, Durchgangsbereiche "momentan komplett rauchfrei zu machen", um drohende Anzeigen und Strafen zu vermeiden.
Wer zahlt Entschädigung?
Bei einem Rauchverbot - wie es etwa in Irland, Spanien und Frankreich gilt - stellt sich die Frage, ob die Wirte auf den getätigten Umbau-Investitionen sitzen bleiben. Die FPÖ, die generell gegen ein Verbot ist, fordert für diesen Fall Entschädigungen in Form einer Verlängerung der steuerlichen Absetzbarkeit oder der teilweisen Abgeltung von Investitionen. Die Koalitionsverhandler plagen ohnehin Budgetsorgen - im Gesundheitsministerium winkt man bei einer staatlichen Förderung für die Wirte ab und verweist auf die WKO. Turecek hält eine Förderaktion der WKO für denkbar, aber: "Aus welchem Topf soll das Geld kommen?"