Karl Pronhagl Kommandant der Task Force Nord. | Platter: Großer europäischer Moment für Bundesheer. | Tuzla. Verteidigungsminister Günther Platter hat seine zentrale Botschaft gleich am Beginn der kurzen Ansprache angebracht: "Das ist ein großer europäischer Moment für das österreichische Bundesheer." Zuhörer bei dem militärischen Festakt im Militärcamp "Eagle Base" in Tuzla im Norden Bosnien-Herzegowinas waren internationale Militärs, lokale Prominenz und eine Handvoll Medienvertreter. Der Anlass: Mit dem Niederösterreicher Karl Pronhagl (43) steht seit Mittwoch erstmals ein Österreicher bei einem internationalen Militäreinsatz an der Spitze einer Brigade.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Brigadier Pronhagl, der in Österreich die 3. Panzergrenadierbrigade mit Sitz in Mautern führt, betreut im nächsten halben Jahr mit rund 1500 Soldaten aus 13 Nationen ein Gebiet in der Größe von Tirol und Vorarlberg und 1,5 Millionen Einwohnern. Dazu zählen Teile sowohl der serbischen Republika Srpska als auch der muslimisch-kroatischen Föderation. Eine der bekanntesten Ortschaften ist Srebrenica, das 1995 durch das Massaker von Serben an Muslimen zu trauriger Berühmtheit gelange. Vorgänger Pronhagls an der Spitze der "Multinationalen Task Force Nord" (MNTFN) war seit Mai 2005 der finnische Brigade-General Mika Peltonen.
"Für Österreich bedeutet diese Mission ein klares Bekenntnis, dass wir auf Dauer nur dann in Frieden leben können, wenn wir ein stabiles Umfeld haben", betonte Platter vor Journalisten die sicherheitspolitische Bedeutung des Engagements am Westbalkan. Immerhin sei es von Bosnien nach Wien näher als von Bregenz aus. Der Minister: "Diese Aufgabe kann man nicht anderen überlassen und vom Liegestuhl aus beobachten." Dies wolle er gerade während der EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 deutlich machen.
300 Soldaten in Bosnien
Insgesamt hat das Heer bis zu 300 Mann in Bosnien stationiert. Der Großteil ist im Bereich von Pronhagls Task Force eingesetzt, weitere Soldaten machen Dienst im Hauptquartier der Eufor-Friedenstruppe im Camp Butmir bei Sarajewo. Die Kosten beziffert Platter mit elf Millionen Euro pro Jahr. Weitere 2,5 Millionen Euro musste Österreich investieren, um den Finnen die Infrastruktur der Brigade abzukaufen.
Die größte Gefahr für seine Soldaten sieht Pronhagl in den nach wie vor vorhandenen Minen und im Straßenverkehr. Winterreifen seien Mangelware, so die österreichischen Soldaten einhellig. Und zur Fahrweise der Einheimischen fallen den Militärs Bewertungen wie "interessant" oder "beherzt" ein. Um Pronhagl und seinem Stab die Fortbewegung bei diesen widrigen Bedingungen zu erleichtern, plant das Heer, drei Alouette III-Hubschrauber nach Tuzla zu verlegen.
Die militärischen Bedrohungen schätzt Pronhagl geringer ein. Wegen der Komplexität der Führungsaufgaben sei die Mission aber nicht weniger schwierig als andere Einsätze.
Offene Wunden
Die Frage, wie sich Bosnien ohne Eufor entwickeln würde, ist laut Pronhagl nur schwer zu beantworten. Einerseits gebe es normales Leben im Land, die Menschen hätten genug von Krieg und Auseinandersetzungen. Andererseits seien die Wunden der vergangenen Jahre noch nicht alle verheilt. Dazu komme die Organisierte Kriminalität.
Platter geht davon aus, dass erst nach den Wahlen im Oktober 2006 eine Antwort auf die Frage nach einem Bosnien ohne internationale Militärpräsenz möglich sein werde. Derzeit sei die Truppe notwendig, um Stabilität zu gewährleisten. Diese Rolle der Friedensschützer habe bei einem Treffen am Dienstag in Sarajewo auch die bosnische Vize-Verteidigungsministerin Marina Pendes betont.
Pläne für den Kosovo
Bisheriger Schwerpunkt des österreichischen Engagements am Balkan ist das Kosovo mit rund 530 Soldaten. Der Minister geht davon aus, dass die EU nach dem Rückzug anderer Nationen mittelfristig gezwungen sein könnte, ihr Engagement dort zu erweitern. Für Österreich strebt Platter dort ein Brigade-Kommando wie jetzt in Bosnien an.