Der Schweizer Pharmakonzern Roche erzielte im ersten Halbjahr 2005 allein mit dem Medikament Tamiflu einen Umsatz von 580 Mio. Franken (mehr als 906 Mio. Euro). Hauptkunde dabei war mit 236 Mio. Franken Japan, wo es eine "normale" Grippewelle gab. Indessen haben rund 25 Staaten der Erde größere Mengen Tamiflu erworben bzw. Lieferverträge für den Fall einer Influenza-Pandemie abgeschlossen. Fraglich ist, ob Roche dem Boom noch gerecht werden kann.
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Wie berichtet, haben in Österreich bisher einzelne Bundesländer Absichten zum Ankauf von Tamiflu erklärt. Das Medikament soll für das "Schlüsselpersonal" (Rettung, Krankenpflege, Feuerwehr, Exekutive, Müllabfuhr etc.) bevorratet und zum Teil in Pulverform geliefert werden, wodurch die Einzeltherapie mit 7,70 Euro wesentlich günstiger ist als in der fertigen Kapselform. Am 6. September wird die zentrale Bevorratung mit Tamiflu allerdings voraussichtlich im Ministerrat diskutiert, so dass die Länder-Absichten gegenstandslos werden könnten.
Längere Wartezeiten
Allerdings bestehen derzeit Zweifel, ob der Pharmakonzern Roche das Mittel in ausreichenden Mengen produzieren kann, zumal sich auch schon internationale Großkonzerne damit eindecken, um im Fall des Falles die Geschäfte weiter führen zu können. Laut einem Bericht der Schweizer "Die Wochenzeitung" bestätigte die Sprecherin des Basler Konzerns, Martina Rupp, dass Großbesteller nun zwischen einem und zwei Jahren warten müssten. Das hat aktuell zu einer Menge Kritik geführt.
Im US-Gesundheitsministerium befürchtet man, dass das Mittel nun an den falschen Orten gehortet werden könnte, nämlich dort, wo die Gesundheitsbehörden im Krisenfall keinen Zugriff darauf hätten. Und für den philippinischen Gesundheitsminister Francisco Duque etwa "grenzt es an Unmoral", dass ein einzelner Konzern das Medikament produzieren kann. Er forderte Roche deshalb auf, auf sein Patent zu verzichten, damit auch andere Firmen Tamiflu herstellen können.
Damit war Duque freilich möglicherweise an der falschen Adresse, da die eigentliche Patentinhaberin von Tamiflu die US-Firma Gilead ist, die obendrein im Juni dieses Jahres angekündigt hatte, ihren Lizenzvertrag mit Roche auflösen zu wollen. Der Grund: Nach Auffassung von Gilead hat Roche zu wenig für die Vermarktung des Medikaments getan.
Gilead, das Tamiflu u. a. infolge Entdeckungen australischer Wissenschafter entwickelt hatte, trat die Lizenzrechte 1996 an den weitaus größeren Konzern Roche ab, der enorme Summen - die Rede ist von weit mehr als 100 Mio. Franken - in klinische Tests investierte. Fast noch einmal so viel soll Gilead bisher kassiert haben. Viel Geld, mit dem der hohe Handelspreis argumentiert wurde. Dies und das Faktum, dass Tamiflu nicht in jedem Fall wirksam ist, und dass es die durchschnittliche Erkrankungsdauer lediglich um 1,3 Tage verkürzt, führte wohl dazu, dass Tamiflu sich lange Zeit nicht zum "Renner" entwickelte: Gesundheitsämtern, Krankenkassen und Sozialversicherungsträgern war dies einfach zu wenig.
Dies hat sich nun drastisch geändert. Bereits im Vorjahr, so die Roche-Sprecherin, habe man die Produktion vervierfacht und sie werde weiter ausgebaut. Derzeit stelle man das Mittel an verschiedenen Standorten in Europa, den USA sowie mit Drittfirmen her. Wieviel Roche produzieren kann, ist indessen "eine Information, die wir nicht veröffentlichen", so Rupp. Ebensowenig wie den Stand der Verhandlungen mit Gilead.
Auf die Patentrechte zu verzichten, damit auch andere Tamiflu produzieren könnten, sei nicht sinnvoll, da man sieben Jahre Erfahrung mit der Herstellung habe, während andere Firmen dieses Know-how erst aufbauen müssten. Roche sei allerdings bereit, der Weltgesundheitsorganisation WHO eine bestimmte Menge Tamiflu zu schenken. Darüber gebe es derzeit entsprechende Verhandlungen.