Ministerin: Zum Erfolg bedarf es motivierter Lehrer. | Rektorenchef: Hochschulzugang gehört neu geregelt. | Wien. Ein Land, das in Zukunft wirtschaftlich bestehen will, müsse möglichst viel in Bildung investieren, es gelte, alle Begabungen zu nutzen, soziale Herkunft dürfe kein Hindernis für den Zugang zu höherer Bildung sein, es bedürfe in Österreich umfangreicher Bildungsreformen. In diesen Punkten war man sich auf dem hochkarätig besetzten Podium der 35. Volkswirtschaftlichen Tagung der Oesterreichischen Nationalbank in Wien zum Thema "Bildungspolitische Herausforderungen für Österreich" weitgehend einig, doch was die Umsetzung anlangt, zeigten sich Differenzen.
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Bildungsministerin Claudia Schmied schaute zufrieden auf die ersten vier Monate ihrer Amtszeit zurück und wies auf die Neuerungen des nächsten Schuljahrs hin: Senkung der Klassenschülerhöchstzahl, Erhöhung der Tagesschulplätze, spezielle Förderung in Deutsch auf der 9. Schulstufe, Start der Pädagogischen Hochschulen mit verbesserter Aus- und Weiterbildung der Lehrer. "Schlüssel zum Erfolg sind motivierte Lehrer", betonte Schmied, die Motivation hänge nicht nur mit der Bezahlung zusammen, sondern mit dem Image in der Bevölkerung und der Anerkennung von Leistungen.
Ruf nach Standards
Für den Bildungswissenschafter und Österreich-Koordinator der Pisa-Studie Günter Haider bedarf es in Österreich einer völligen Neuorientierung des Schulsystems: statt zentralistisch-inputorientiert in Zukunft dezentralisiert-outputorientiert. Derzeit gebe es keine objektive Überprüfung des Outputs, Noten hätten keine Aussagekraft mehr, denn unterschiedliche Lehrer an unterschiedlichen Schulen werteten eben unterschiedlich und zum Teil auch auf zunehmenden Druck der Eltern - deren Kinder für den Umstieg in eine andere Schule lauter "Sehr gut" brauchen - nicht korrekt. Wenn nicht rasch Bildungsstandards Geltung erlangen, erwartet Haider: "Der Aufnehmer wird entscheiden, wen er nimmt."
Von Christoph Badelt, dem Vorsitzenden der Österreichischen Rektorenkonferenz, wird eine solche Entwicklung begrüßt. Er verlangte auf der Tagung erneut "Studienplatzbewirtschaftung" - Beschränkung der Studienplätze gemäß Budget- und Ausbildungsmöglichkeiten. Was für Kindergärten und Volksschulen gelte, sei Universitäten in fast allen Fächern verwehrt, sie müssten alle studieren lassen. Das führe zu unnötig hohen Drop-out-Raten und schade der in Österreich niedrigen Akademikerquote. Dabei sei die erwünschte soziale Durchlässigkeit - mehr Studierende aus ärmeren Familien - in Ländern ohne freien Hochschulzugang deutlich höher als in Österreich. Im internationalen Wettbewerb verliere man, so Badelt, auf diese Weise an Boden: "Wenn in Österreich der Zugang zu Master- und Doktoratsstudien nicht neu geregelt wird, können sich Österreichs Unis abmelden aus Europa."