Begegnungszonen-Befragung läuft bis 9. Juni. Die Anrainer dürfen abstimmen, das Ergebnis ist bindend.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Wien könnte schon bald eine neue Begegnungszone haben: Die Befragung zur Umgestaltung der Lange Gasse ist am Montag, gestartet. Insgesamt können mehr als 1500 Grätzlbewohner abstimmen, ob der Abschnitt zwischen der Josefstädter Straße bis zum Hugo-Bettauer-Platz, an der Kreuzung zur Zeltgasse zu einer verkehrsberuhigten Zone umfunktioniert wird. Sollte die bis 9. Juni laufende Abstimmung positiv ausfallen, könnte bereits 2018 mit den Baumaßnahmen begonnen werden. Bei einem "Nein" werden trotzdem Bauarbeiten stattfinden: Denn die Fahrbahn in diesem Abschnitt muss jedenfalls saniert werden.
Vorangetrieben wird das Vorhaben rund um die Begegnungszone von der ÖVP Josefstadt: "Das Projekt Lange Gasse ist gemeinsam mit Anrainerinnen und Anrainern erarbeitet worden, um diesen Bereich der Lange Gasse zu attraktivieren. Ich habe mich von Anfang an für eine Befragung ausgesprochen. Alle politischen Fraktionen im Bezirk haben diese auch einstimmig beschlossen", sagt ÖVP-Bezirksvorsteherin Veronika Mickel-Göttfert.
Steigerung der Wohnqualität
Durch die rund 150 Meter lange Begegnungszone erhofft man sich eine Steigerung der Wohnqualität: So würde die Fahrbahn auf Gehsteig-Niveau angepasst und Begrünungsmaßnahmen gesetzt werden, die Fußgänger sollen von mehr Bewegungsfreiraum profitieren. Der Verkehr an sich soll aber nicht gestoppt werden: "Es dürfen weiterhin Autos und Radfahrer durchfahren, die Fußgänger und Autos sollen aber gleichberechtigt sein. Der Autoverkehr würde von derzeit 30 km/h auf 20 km/h reduziert werden", sagt die Pressesprecherin der Berzirksvorstehung in der Josefstadt, Katharina Mayr, zur "Wiener Zeitung".
Das aufkommende Verkehrsgeschehen ist somit kein primärer Grund für die geplante Zone, dennoch erhofft man sich eine gewisse Verringerung des Durchzugsverkehrs. Denn viele nutzen die Lange Gasse als Ausweichroute zur Zweierlinie. Ein Punkt, der laut der FPÖ Josefstadt zu negativen Folgeerscheinungen führen könnte, wie die Blauen überhaupt gegen die Begegnungszone sind: "Wir sehen das kritisch. Erstens wird sich der Verkehr in den Seitengassen erhöhen. Zweitens kämpfen wir schon jetzt im 8. Bezirk mit einer extremen Parkplatzsituation, besonders im Bereich der unteren Josefstädter Straße", sagt Bezirksvorsteher Maximilan Krauss zur "Wiener Zeitung".
Tatsächlich würden laut ÖVP durch die Begegnungszone 25 Parkplätze in der Lange Gasse verloren gehen. Pressesprecherin Mayr macht jedoch darauf aufmerksam, dass der Bezirk laufend Maßnahmen zur Schaffung von Stellplätzen setze: "Wir haben bei der Lerchenfelderstraße eine Überlappungs-Zone eingeführt, so dass Autofahrer wechselseitig im 7. und 8. Bezirk parken können. Jeden September würden außerdem Nutzungsvereinbarungen mit privaten Garagenunternehmen ausgehandelt, wonach die Anrainer günstigere Tarife bekommen.
Anrainer und Geschäftsleute innerhalb der geplanten Begegnungszone scheinen diese zu befürworten. Macht man einen kurzen Streifzug von der Josefstädter Straße bis zum Hugo-Bettauer-Platz, hört man überwiegend positive Stimmen: "Ich fände das toll, um für mehr Wohnqualität zu sorgen", sagt Irmgard W. Sie verweist auf die Parkgarage um die Ecke in der Josefsgasse, die die Parkplatzsituation entschärfen kann und fügt hinzu: "Es sollten Sonderoptionen für die Anrainer geschaffen werden." Prinzipiell für gut befinden auch Renate und Johann C. das Vorhaben. Die Parkplatzsituation bereitet ihnen dennoch Sorgen. Gleichzeitig machen sie einen alternativen Lösungsvorschlag zur Verkehrsberuhigung: "Warum dreht man nicht einfach die Einbahn in der Lange Gasse bis zur Florianigasse um?", fragt Mittsiebziger Johann C.
Gänzlich dagegen ist als eine der wenigern Befragten die Wienerin, Verena W. Sie zieht den Vergleich zur Mariahilfer Straße: "Das ist nicht so geglückt. Fußgänger haben dort nicht so die Ruhe. Die Autofahrer fahren teilweise mit einem Karacho durch. Bei der Lange Gasse würden mich die vermehrten Radfahrer stören, die dann durchfahren."
Die Anrainer-Unternehmen, rund 10 Geschäfte befinden sich in diesem Abschnitt der Lange Gasse, rechnen durch die Begegnungszone mit nicht weniger Kunden: "Ich fände es auch gut, wenn nicht dauernd Autos durchfahren", sagt William T., Schuhverkäufer bei GEA. Ähnlich sieht das der Inhaber des Lokals Trilogie, Niko K.: "Für das Restaurant wäre es besser. Denn es gibt zu viel Auto, der Gehsteig ist zu klein, und mehr freie Plätze vor dem Lokal sind auch wünschenswert." Für die kleinsten Unternehmen, wie der Trafik knapp vor dem Hugo-Bettauer-Platz, ändert sich laut dessen Inhaber wenig: "Ich habe meine Stammkunden. Viele in der Gegend sind aber gegen das Projekt, weil dann die Parkplätze fehlen", resümiert Walid H.
Nur kleine Begegnungszone
Auffallen ist, das der geplante Straßenabschnitt mit rund 150 Meter ein sehr kleiner ist. Was bringt eine derart kleine Begegnungszone? "Ein größerer Abschnitt ist nicht geplant, weil da die Kosten explodieren würden. Die Straße muss sowieso saniert werden," sagt ÖVP-Pressesprecherin Mayr. Die Kosten für die Begegnungszone sind mit 720.000 Euro veranschlagt. Im Fall der Realisierung trägt die Stadt 80 Prozent, also 570.000 Euro, davon. Der Rest stammt mit 144.000 Euro vom Bezirk. Im Fall einer Sanierung sind 212.000 Euro einkalkuliert.
Abstimmen können 1.583 Anrainer im Bereich der Josefstädter Straße, Auersperggasse, Lerchenfelderstraße und Piaristengasse. Sie bekommen per Post einen Fragebogen zugeschickt. Das Ergebnis ist für die Bezirksvertretung bindend: Denn sämtliche Fraktionen einigten sich darauf, dieses zu akzeptieren - auch die FPÖ.