Bei der ersten Regionalkonferenz, die gestern auf Einladung von Außenministerin Benita Ferrero-Waldner in der Wiener Hofburg stattfand, wurde der Grundstein gelegt zur "regionalen Partnerschaft" Österreichs mit den EU-Beitrittskandidaten Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien.
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Die von Österreich initiierte regionale Partnerschaft - von der Bezeichnung "strategisch" ist man wieder abgekommen, da es im Vorfeld heftige Kritik daran gab - soll in einer "pragmatischen Zusammenarbeit" bestehen, kündigte Außenministerin Ferrero-Waldner an. Sie erhofft sich von dieser multilateralen Kooperation Österreichs mit den fünf EU-Kandidatenländern einen "Mehrwert", eine Art "spirituelle Kohäsion". Besonders die kulturelle Zusammenarbeit zwischen den Ländern, die eine gemeinsame Geographie und Geschichte hätten, solle fociert werden, so Ferrero-Waldner. Sie regte außerdem einen Austausch von Diplomaten an. Daneben soll es eine Reihe von Ad-Hoc-Treffen der Fachminister geben.
Die Außenministerin versuchte, mögliche Überinterpretationen, Österreich wende sich von anderen EU-Staaten ab, zu widerlegen: "Das heißt nicht, dass wir nicht auch mit anderen Mitgliedstaaten zusammen arbeiten." Österreich tue das mit Deutschland im Bereich der Übergangsfristen bei der Personenfreizügigkeit, nannte Ferrero-Waldner als Beispiel.
Bei den bisher heftig umstrittenen Übergangsfristen für Arbeitskräfte aus möglichen neuen EU-Mitgliedstaaten signalisiert die Außenministerin bei der ersten Regionalkonferenz Flexibilität. Sie verwies auf die Möglichkeit des "graduellen Phasing-In". Demnach findet zwei Jahre nach Beginn der Schutzfrist eine Überprüfung statt. Österreich hat bisher auf die volle Ausschöpfung der maximal siebenjährigen Frist bestanden. Von den osteuropäischen Außenministerkollegen wurde das Signal positiv aufgenommen. Polen und Ungarn rechnen bei den Verhandlungen über die Personenfreizügigkeit mit der EU nächste Woche mit einem Kompromiss.
Aus der regionalen Partnerschaft ausdrücklich ausgeklammert bleiben die heiklen Fragen der Benes-Dekrete Tschechiens und der AVNOJ-Beschlüsse Sloweniens. Diese Fragen müssten in bilateralen Gesprächen gelöst werden, betonte Außenministerin Ferrero-Waldner. Man solle "nicht die Vergangenheit in die Zukunft investieren", meinte ihr slowenischer Amtskollege Dimitrij Rupel. Slowenien und Österreich haben zu den AVNOJ-Beschlüssen Expertengespräche vereinbart. Der erste Termin wurde für September angekündigt.
Die nächste Regionalkonferenz findet auf Einladung der Slowakei Anfang Dezember statt. Die Innenminister werden bereits Anfang Juli in Salzburg zusammen treffen.