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"Behindert ist, wer behindert wird"

Von Petra Medek

Wissen

Das heuer ausgerufene Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen nehmen allerorts Behindertenorganisationen zum Anlass, um auf ihre dringlichsten Probleme und Anliegen aufmerksam zu machen, und zwar auch bei jenen, die sich von dieser Problematik bisher nicht angesprochen fühlten - denn Behinderung ist immer eine Frage der Perspektive.


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"Behindert ist, wer behindert wird" - so bringt es die aktuelle Caritas-Kampagne auf den Punkt. "Behinderung beginnt im Kopf der sogenannten nicht behinderten Menschen. Dort will die Caritas helfen, Barrieren abzubauen", sagte Caritasdirektor Michael Landau bei der Präsentation der Initiative der größten heimischen Behindertenorganisation.

"Es geht darum, ein neues Bild von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft zu implementieren, ein Bild, das offen ist fürs Anderssein als Bereicherung und damit als Lern-Chance für jeden einzelnen. Wir alle haben Fähigkeiten und Fehler, gute und schlechte Tage. Was Menschen mit Behinderung brauchen, ist nicht immer über ihre Defizite definiert zu werden", betont Hedi Schnitzer vom Österreichischen Zivilinvalidenverband (ÖZIV).

Der seit 1962 bestehende landesweit agierende Verband hat anlässlich des Jahres der Menschen mit Behinderungen seine Kräfte mit vier anderen Organisationen gebündelt: Unter dem Dach der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation haben ÖZIV, Integration Österreich, Lebenshilfe Österreich, der Österreichische Kriegsopfer- und Behindertenverband und Selbstbestimmt Leben Österreich bereits im Jänner jeweils ihre speziellen Forderungen deponiert. Denn so zahlreich die Organisationen sind, die die Interessen von physisch oder mental beeinträchtigten Personen vertreten, so diversifiziert sind mitunter auch deren Anliegen. Einige fundamentale Forderungen verbinden jedoch alle, wie die Beseitigung von Diskriminierungen oder Chancengleichheit für behinderte und nicht behinderte Personen.

So fordert etwa die Caritas, dass Art. 7 der Bundesverfassung, welcher die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen ausdrücklich verbietet, mit Leben erfüllt, das heißt, durch ein Behindertengleichstellungsgesetz ergänzt werden müsse.

Von der Gleichstellung weit entfernt sind Behinderte am Arbeitsmarkt. Ein Ansatz, dem entgegenzuwirken, sind verschiedene Jobcoaching- oder Arbeitsassistenz-Programme einiger Behindertenorganisationen. Diese können jedoch nur Tropfen auf dem heißen Stein bleiben, wenn die Unternehmen keine adäquaten Arbeitsplätze bereit stellen. Einen eigenen Zugang dazu hat das heimische Heimwerkerunternehmen bauMax gefunden. Jede Filiale ist "Pate" für ein Behindertenheim, Produkte von Behindertenwerkstätten werden in den bauMax-Märkten verkauft und Behinderte eingestellt. Doch sogar ein engagiertes Unternehmen wie dieses hat den 1:25-Angestellten-Schlüssel nicht erreicht. "Wir sind aber am besten Weg", meint bauMax-Chef Martin Essl. Bleibt zu hoffen, dass diesen Weg viele kennen.