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Bei Anruf Vertragsabschluss

Von Katharina Schmidt

Politik
Meist werden alte Menschen Opfer von unerwünschten Werbeanrufen. Foto: corbis

Wetten, Lotterien und Glücksspiel: Telefonische Verträge automatisch nichtig. | Bei allen anderen Anbietern muss Konsument aktiv von Vertrag zurücktreten. | Wien. Frau E. ist 92 Jahre alt und lebt allein. Vor kurzem bekam sie einen Anruf von einem Telekommunikationsunternehmen, ob sie nicht den Anbieter für ihr Festnetztelefon wechseln möchte. Sie stimmte zu - und war prompt in dem am Telefon abgeschlossenen Vertrag gefangen.


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Diese Form der unerwünschten Werbeanrufe, Cold Calling genannt, will die Koalition bei der heutigen Nationalratssitzung eindämmen. Mit Änderungen im Konsumentenschutz- und im Telekommunikationsgesetz soll einerseits die Rufnummerunterdrückung verboten werden. Andererseits werden telefonisch abgeschlossene Verträge im Zusammenhang mit Gewinn-, Lotteriespielen und Wetten automatisch nichtig sein. Bei allen anderen Werbeanrufen soll die Rücktrittsfrist von drei Monaten erst zu laufen beginnen, wenn die Anbieter den telefonisch ausgehandelten Vertrag zuschicken.

Denn bisher haben sich unseriöse Anbieter die Rücktrittsfrist dahingehend zu Nutze gemacht, dass sie erst kurz vor deren Ablauf eine schriftliche Bestätigung über das Telefongeschäft zugeschickt haben. Die Konsumenten - meist alte Menschen - hätten dadurch kaum noch Zeit gehabt, von dem Vertrag zurückzutreten, heißt es aus dem Justizministerium.

Der Arbeiterkammer geht das zu wenig weit. Zwar begrüßt man dort, dass "den Anbietern von Wetten, Gewinn- und Lotteriespielen der Geldhahn abgedreht wird", sagt Daniela Zimmer von der AK. Denn wegen derartiger Geschäfte habe es im vergangenen Jahr die meisten Beschwerden gegeben. Insgesamt betreffen rund 62 Prozent der unerwünschten Werbeanrufe Wetten, Gewinn- und Lotteriespiele.

Für Arbeiterkammernur "Mini-Schrittchen"

In Bezug auf die anderen Anbieter ist die Novelle für Zimmer aber nur "ein Mini-Schrittchen". Denn auch in Zukunft muss der Konsument aktiv werden und selbst vom telefonisch abgeschlossenen Vertrag zurücktreten. Denn der Vertrag gilt auch künftig ab dem Zeitpunkt des Telefonats als abgeschlossen.

Im Regierungsübereinkommen sei eigentlich vereinbart gewesen, dass alle im Rahmen von unerwünschten Werbeanrufen getätigten Vertragsabschlüsse verboten werden sollen. Dies wäre eine "überschießende Regelung", heißt es dazu aus dem Justizressort. Auch habe sich die Wirtschaft dagegen gesträubt.

Laut SPÖ-Konsumentenschutzsprecher Johann Maier ist man auch deswegen von dem ursprünglichen Plan abgegangen, weil gerade eine EU-Richtlinie zum Verbraucherschutz erarbeitet wird. Demnach soll bei allen Fällen von Cold Calling ein Vertrag erst nach schriftlicher Bestätigung zustande kommen. Daher habe man sich im aktuellen Entwurf nur auf jene Bereiche konzentriert, die von der Richtlinie nicht betroffen sind - also Glücksspiele und Ähnliches.

Opposition stimmtim Plenum nicht mit

Für die grüne Konsumentenschutzsprecherin Birgit Schatz ist dies "in keinster Weise zufriedenstellend". Denn bis die entsprechende EU-Richtlinie verabschiedet sei, dauere es sicherlich noch zwei Jahre. Das Konsumentenschutzgesetz jetzt schon zu ändern, wäre auch nicht EU-rechtswidrig. Wie auch die anderen Oppositionsparteien werden die Grünen daher der Gesetzesänderung nicht zustimmen.

Detail am Rande: Cold Calling ist seit Jahren verboten. "Anrufe (. . .) zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers sind unzulässig", heißt es im Telekommunikationsgesetz. Allerdings sind bisher nur Verwaltungsstrafen vorgesehen. Diese werden von 37.000 auf 58.000 Euro erhöht.