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Bei Betrug droht Verlust akademischer Grade

Von Heiner Boberski

Wissen
Wo alle Tasten hinführen, wenn für Diplomarbeiten recherchiert wird. Foto: bilderbox

Uni Salzburg prüft fünf aktuelle Fälle. | Uni Wien arbeitet bereits mit eigener Plagiatssoftware. | Wien. Einem Salzburger Radiojournalisten wurde nachträglich der Titel Bakkalaureus der Kommunikationswissenschaft aberkannt. Die Rechtsabteilung der Uni Salzburg untersucht derzeit fünf Fälle mutmaßlich abgeschriebener Diplombeziehungsweise Bakkalaureatsarbeiten. Wie die "Salzburger Nachrichten" (Mittwoch-Ausgabe) berichteten, sind in zwei Fällen - in den Fächern Politikwissenschaft und Kommunikationswissenschaft - Verfahren anhängig. Rudolf Mosler, Vizerektor für Lehre, bestätigte, dass die Arbeit der Politikwissenschafterin derzeit von einem externen Gutachter geprüft wird.


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Seit es das Internet gibt, häufen sich die Fälle, in denen angehenden Akademikern nachgewiesen wurde, dass sie mehr oder weniger umfangreiche Abschnitte ihrer Arbeiten wörtlich von online zugänglichen Quellen übernommen haben. Vor allem der Salzburger Privatdozent Stefan Weber ist, seit seine eigene Diplomarbeit plagiiert wurde, zu einem Aufdecker von Plagiaten und Kämpfer gegen Betrug bei Uniabschlüssen geworden.

Die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) zeigte im Sommer gewisses Verständnis für die Plagiateure und griff die Hochschullehrer an: "Wer Studierenden nicht beibringt, wie sie zitieren müssen, braucht sich nicht zu wundern, dass sie es nicht tun."

Den Vorschlag der ÖH, erst ab mehr als einem Viertel-Anteil einer Textübernahme von einem Plagiat zu sprechen, wies Weber zurück: "Dies würde bedeuten, dass 24 wortwörtlich kopierte Seiten auf 100 Seiten Diplomarbeit kein Plagiat wären. Das wäre der Tod der wissenschaftlichen Textkultur."

Assistentin verlor Job

An der Universität Wien hat man bereits eine eigene Software erworben, die ab dem Wintersemester 2006 alle Dissertationen, Diplom- und Magisterarbeiten elektronisch auf Plagiatsfälle untersucht. In den letzten eineinhalb Jahren sind an der Wiener Uni aus diesem Grund zwei akademische Grade aberkannt worden.

An der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt wurde kürzlich das Dienstverhältnis mit einer Assistentin - Absolventin dieser Uni - gelöst und ein Verfahren zur Aberkennung des Titels gegen die betroffene Frau eingeleitet. Nach der Empfehlung der universitätsinternen "Ombudsstelle zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis" und aufgrund von Gutachten setzte Rektor Heinrich C. Mayr diesen Schritt gegen die Autorin der Arbeit "Wickie und die starken Männer". Auch diesen Fall deckte Stefan Weber auf.

In Salzburg hat das Rektorat nun einen Verhaltenskatalog für alle, die wissenschaftlich arbeiten, erstellt. Eine eigene Kommission soll in Hinkunft bei Verstößen gegen diese Spielregeln einschreiten. Nicht nur in Salzburg will man nun die entsprechende Kontrollsoftware anschaffen und den Studenten gleich zu Beginn des Studiums das nötige Know-how für korrektes wissenschaftliches Arbeiten mitgeben.

Wie hoch der Prozentsatz der Abschreiber ist, darauf wollen sich wenige festlegen. Ein Drittel, schätzen mehrere Universitätslehrer vorsichtig, und mit dieser Dimension rechnet auch Stefan Weber unter Berufung auf eine amerikanische Studie. Dabei gaben 36 Prozent der Studenten und 24 Prozent der Absolventen zu, gelegentlich ohne Zitierung Texte kopiert zu haben.