Viele Österreicher begeben sich im Rumänien-Urlaub auf Identitätssuche.
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Wien. "Das Touristenamt ist wie ein Botschafter", erklärt Simion Giurca. Österreicher, die nach Rumänien fahren, genauso wie Geschäftsleute, die dort tätig sein wollen, aber auch Auslandsrumänen, die es wieder in die Heimat verschlägt, sollen "über das Land informiert werden".
Das Rumänische Touristenamt gehört zu den ersten Fremdenverkehrsämtern, die sich in Österreich niedergelassen haben. 2014 feiert es sein 50-jähriges Jubiläum. So wie viele in Wien ansässige Fremdenverkehrsämter ist auch das rumänische eine staatliche Institution und wird ausschließlich durch die Regierung in der Heimat finanziert. Manche Fremdenverkehrsämter, wie etwa jenes der Türkei, verfügen gar über einen diplomatischen Status.
Touristen mit Geschichte und Kulinarik locken
Seit knapp 20 Jahren arbeitet
Giurca beim rumänischen Touristenamt am Opernring im 1. Bezirk in Wien. Er kennt die Vorurteile, die viele Österreicher seinen Landsleuten gegenüber haben, insbesondere in den vergangenen sechs Jahren, seit Rumänien der Europäischen Union beigetreten ist. Obwohl Rumänen in Österreich ein eher schlechtes Image haben, sagt Giurca, "habe ich keine Befugnis, dieses Bild zu ändern oder etwas zu machen".
Indirekt tut er es dann doch, denn das ist sein Job: Rumäniens Image so weit zu polieren, dass die Menschen das Land auch als Urlaubsdestination wahrnehmen. Der Wirtschaft muss er das Land nicht mehr verkaufen. Dort, wo es Geld zu holen gibt, investiert diese gern, schlechtes Image hin oder her. Bei den Touristen muss er raffinierter vorgehen, sie mit Landschaft, Kulinarik, Geschichte und Gastfreundlichkeit des Landes locken. "Viele geben zu, dass sie mit Vorurteilen ins Land gereist sind", erzählt Direktor Giurca. Oft ändere sich das aber im Zuge einer Rumänien-Reise.
Doch nicht nur Werbung steht auf dem Tagesprogramm des Touristenamts, sondern auch Informationen für Touristen im Land. "In Rumänien sind beispielsweise die Straßen nicht so gut. In manchen Regionen sind die Zustände sogar katastrophal, aber das Land ist dreimal größer als Österreich. Man kann also nicht erwarten, dass diese Straßen über Nacht repariert werden", erklärt Giurca.
Der Direktor vertritt rumänische Interessen in Österreich, Ungarn, der Slowakei und der Tschechischen Republik. Außerdem ist der 56-Jährige Präsident des Corps Touristique Austria (CT), einer Vereinigung von nationalen und internationalen Tourismusvertretungen und Organisationen auf dem österreichischen Markt. "Ich bin der Spezialist dafür, was der Kunde gerne möchte, und ich kenne das Reiseverhalten der Österreicher gut", posaunt er.
Vor rund vier Jahren gab das CT Austria zum ersten Mal eine Studie über das Reiseverhalten der Österreicher im Auftrag, die seitdem jährlich wiederholt wird. Es sind neue Trends zu beobachten, etwa dass die Österreicher lieber mehrere kurze Urlaube machen statt einen langen. Dass sie lieber Individualreisen unternehmen als Pauschalreisen. Und dass sie lieber mit Familie und Freunden auf Urlaub fahren als alleine. Im Durchschnitt macht ein Österreicher bis zu zweimal im Jahr Urlaub im Inland und zweimal im Ausland. "Das Interesse an Rumänien ist noch relativ klein im Vergleich zu Italien oder Kroatien", erklärt Claudia Bauer-Krösbacher, Projektleiterin der Studie und Dozentin an der Fachhochschule Krems, "dabei hat das Land viele zu bieten". Vor allem Authentizität, Kulturerlebnis und Tradition.
In Rumänien den eigenen Wurzeln auf der Spur
Dabei sollen auch die eigenen Landsleute in Österreich nicht vergessen werden. "Auch für Rumänen wollen wir gute Arbeit leisten", meint Giurca. Viele haben immer noch starke Verbindungen nach Rumänien und wollen das Land ihren österreichischen Freunden oder Partnern zeigen. Es ist ein ständiger Verkehr: Business, Verwandtschaft, Urlaub. Aber auch Nostalgie und Spurensuche. Viele rumänische Emigranten in Österreich wollen "die Vergangenheit wiedersehen". So umschreibt Guirca diese Nostalgie-Touren. Es gebe viele Anfragen von österreichischen Staatsbürgern, die nach den Wurzeln ihrer Familie in Rumänien suchen. "Auch das organisieren wir. Vor Ort wartet dann ein Ansprechpartner auf die Reisenden und zeigt ihnen womöglich, wo das Haus ihrer Urahnen einst stand", erklärt Giurca.
Und Bauer-Krösbacher ergänzt, dass zwar die Spurensuche in Rumänien noch nicht so stark entwickelt sei wie etwa in Großbritannien oder Irland, wo es ein wichtiger Tourismuszweig geworden ist. Sie habe aber Potenzial: "Weil es sich um eine wichtige Identitätsfrage handelt: Wo komme ich her? Denn die Vergangenheit gehört zu unser Identität."