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Bei der Energiewende ist die Politik am Zug

Von Lukas Scherzenlehner

Gastkommentare

Am regulatorischen Rahmen sind rasch einige Stellschrauben zu drehen.


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Nach langem Warten wurde nun zum Frühlingsauftakt das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) im Ministerrat beschlossen. Jetzt ist das Parlament am Zug. Sollte die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit erzielt werden, könnte das EAG noch vor dem Sommer in Kraft treten. Die Energiebranche sowie auch der gesamte Industriesektor warten bereits ungeduldig auf die Verabschiedung des Gesetzes, bereits jetzt werden Projekte aufgrund nicht aufgefüllter Fördertöpfe sowie des unsicheren Schwebezustandes verschoben. Somit wird wertvolle Zeit für die Transformation der österreichischen Energielandschaft verloren.

Da der Klimawandel Realität ist und jeder Staat entsprechend schnell reagieren muss, ist es von elementarer Bedeutung, dass das EAG so rasch wie möglich verabschiedet wird. Klare langfristige Regelungen zum nachhaltigen Umstieg auf erneuerbare Energiequellen erleichtern Energieunternehmen Planungssicherheit bei Großprojekten im Bereich Ökostrom. Dies auch vor dem Hintergrund der hohen Anschaffungs- und Investitionskosten, die eine zentrale Rolle bei der Entscheidung für erneuerbare Energien spielen. Um das Ziel von 100 Prozent Ökostrom zu erreichen, müssen wir bis 2030 den Zubau von 27 Terawattstunden erreichen. Mit dem EAG soll somit der Ausbauturbo für Photovoltaik gezündet werden: Für die angepeilten 11 Terawattstunden Sonnenstromausbau muss sich die Solarenergie in Österreich vervielfachen.

Lukas Scherzenlehner ist Geschäftsführer des börsennotierten Energieeffizienz-Unternehmens CLEEN Energy AG.
© CLEEN Energy AG

Positiv zu bewerten ist vor allem die Modernisierung der österreichischen Förderlandschaft für Ökostrom. Mit dem EAG soll ein langfristig stabiles Investitionsklima geschaffen werden, um Maßnahmen für einen grünen Investmentboom zu stärken. Der Schwerpunkt wird auf variablen Marktprämien mit Ausschreibungen liegen. Vergleicht man die variablen Marktprämien mit der bisherigen Tarifförderung, haben Marktprämien klare Kostenvorteile.

Klar ist auch, dass mit dem neuen Förderkatalog Anreize zum effizienten und langfristigen Betrieb von Photovoltaikanlagen geschaffen werden. Mit Blick in die Zukunft zeichnet sich also bereits jetzt ab, dass die ausgerufene Energiewende und die damit verbundenen Fördermaßnahmen und Incentives primär dazu führen werden, dass der gesamte Photovoltaikmarkt in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch deutlich attraktiver werden wird.

Gründung von Energiegemeinschaften

Die rechtliche Verankerung von Energiegemeinschaften stellt ein Herzstück des EAG dar. Damit wird in Österreich mit dem EAG erstmalig die Gründung von Energiegemeinschaften in Form gegossen und damit eine neue Beteiligungsmöglichkeit für Bürgerinnen und Bürger bei der Energieerzeugung geschaffen, die eine stärkere Dezentralisierung der Energiepolitik zur Folge hat. Wichtig ist hier allerdings, dass die Möglichkeiten für dritte Dienstleister zur professionellen Bedienung von Energiegemeinschaften vorgesehen werden.

Contracting- und Leasing-Modelle sollen nach dem Willen des Gesetzgebers zulässig sein. Dieses Faktum ist hochrelevant und wichtig für die Geschwindigkeit der Energiewende: Durch die gänzliche Übernahme der hohen Anfangsfinanzierung seitens des Contractors wird eine wesentliche Hemmschwelle überwunden für die Energiegemeinschaften, die im Anschluss nur eine monatliche Leasingrate zu leisten haben.

Die Attraktivität des Finanzierungsmodells Contracting erklärt sich dadurch, dass die erhebliche Anschubfinanzierung vom jeweiligen Energieunternehmen als Dienstleister (Contractor) übernommen wird. Der Contracting-Nehmer bezieht in weiterer Folge den günstigeren Strom und profitiert so ab Tag eins von seiner Photovoltaikanlage, übernimmt aber keinerlei Risiko und trägt auch keine Investitionskosten.

Gesetzliche Grundlagefür Klimahaftungen

Aber auch neben dem EAG wurde der regulatorische Rahmen für Contracting verbessert. So wurde mit der jüngsten Novelle des Umweltförderungsgesetzes die gesetzliche Grundlage für sogenannte Klimahaftungen geschaffen. Dadurch soll die Finanzierung von Energie-Contracting-Verträgen durch eine staatliche Ausfallshaftung weiter erleichtert werden. Die Abwicklung soll dann über das Austria Wirtschaftsservice (AWS), die Förder- und Finanzierungsbank der Republik, erfolgen. Hier werden aktuell noch die entsprechenden Förderungsrichtlinien erarbeitet, auf die die Branche auch schon ungeduldig wartet.

Die Energiewende ist also auch in Österreich unterwegs, der regulatorische Rahmen kann und sollte diese Entwicklung aber noch weiter beschleunigen. Das EAG hat definitiv Potenzial, zum Meilenstein im österreichischen Klimaschutz zu werden. Österreichs Bürgerinnen und Bürger sowie heimische Unternehmen werden in Zukunft noch mehr Motivation und Anreize haben, auf erneuerbare Energien zu setzen, sich zu Energiegemeinschaften zusammenzuschließen und so ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Wichtig ist nun, dass möglichst bald die Vorhaben, die sich in der Pipeline befinden, auch schnell und praxistauglich umgesetzt werden. Dem Klima und der Wirtschaft wäre damit sehr gedient.