Zum Hauptinhalt springen

Bei der Mehrwertsteuer ist eine Einigung in Sicht

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft

Luxemburg könnte nun einlenken. | Reverse Charge erst im März Thema. | Brüssel. Das seit Jahren dauernde Ringen um die Mehrwertsteuerreform für grenzüberschreitende Dienstleistungen könnte am Dienstag zu Ende sein. Erstmals habe nun auch Luxemburg Bereitschaft zum Einlenken signalisiert, hieß es in Diplomatenkreisen. Das kleine Fürstentum mit seinen niedrigen Steuersätzen hatte sich als letzter Mitgliedsstaat gegen die geplante Verlagerung des Besteuerungsortes ins Zielland der Dienstleistungen gewehrt. Österreich könnte im Fall einer Einigung empfindliche Steuerausfälle für in Deutschland geleaste Firmenwagen und ein Urteil des EuGH abwehren.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Luxemburg geht es vor allem um die Steuereinnahmen der dort ansässigen Telekom- und Internetmultis - immerhin 220 Mio. Euro im Jahr oder ein Prozent seiner gesamten Wirtschaftsleistung stehen angeblich auf dem Spiel. Daher wollen die Luxemburger für diesen Bereich ein Inkrafttreten der Richtlinie erst 2015 statt 2010. Außerdem hätten sie gern 25 Prozent der dann von eigenen Unternehmen in den Zielländern bezahlten Mehrwertsteuereinnahmen. Branchengrößen wie Skype, AOL, iTunes oder der Medienkonzern RTL haben ihre Server und Sendeanlagen wegen der günstigen Steuersätze im Land.

Dauerhaft die eigenen Steuereinnahmen mit dem Fürstentum zu teilen, stößt einigen Ländern wie Frankreich oder Polen zwar noch ziemlich auf. Mit einem verzögerten Einsetzen des neuen Gesetzes konnten sich die meisten aber weitgehend anfreunden. Ein Kompromissvorschlag des derzeitigen Vorsitzlandes Portugal über einen 20-prozentigen Anteil für die Luxemburger lehnten diese erst einmal ab. Dennoch sehen Diplomaten beim anstehenden Finanzministertreffen einen breiten Silberstreif am Horizont: Mit den beiden Hebeln Verschiebungsdatum und Anteilsprozentsatz hätten die Minister die idealen Verhandlungsinstrumente für einen Kompromiss in der Hand.

Vorsteuerabzug

Österreich könnte das nur recht sein. Denn nur ein gegen EU-Recht verstoßendes Gesetz bewahrt die Finanz vor einem Loch von etwa 400 Mio. Euro im Jahr. Die sogenannte Eigenverbrauchssteuer verhindert, dass Firmen großflächig ihre Fahrzeuge in Deutschland leasen, wo im Gegensatz zu Österreich die Vorsteuer abgezogen werden kann. Für die EU-Kommission ist diese Praxis jedoch regelwidrig. Dass Brüsseler Strafverfahren ist bereits so weit fortgeschritten, dass jederzeit eine Klage beim EuGH eingereicht werden könnte. Allerdings dauern die Verfahren dort üblicherweise gut zwei Jahre - Österreich könnte sich bis zum Inkrafttreten der Mehrwertsteuerreform 2010 hinüberretten.

Noch länger wird die Wartezeit für das von Österreich gewünschte Pilotprojekt gegen den EU-weit auf 60 Mrd. Euro geschätzten Mehrwertsteuerbetrug. Die Kommission wird mit ihrem Evaluierungsbericht für das sogenannte Reverse-Charge-System erst 2008 fertig. Die Idee ist, die betrugsanfällige Vorsteuer weitgehend auszuschalten. Die Minister wollen sich damit allerdings erst im März beschäftigen.