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Entgeltausfall für ehrenamtlich Tätige. | +++ Gemeinde kann Verdienst ersetzen. | Rotes Kreuz will Steueranreize für kooperative Betriebe. | Wien. Mit zuletzt knapp 800 Einsatzkräften stellt die freiwillige Feuerwehr Niederösterreich den größten Teil der Truppe im Kampf gegen das Hochwasser an der March. Landeshauptmann Erwin Pröll reagierte und hat die freiwilligen Helfer, die beim Land Niederösterreich arbeiten, vorerst für acht Tage vom Dienst freigestellt. Sie erhalten bezahlten "Sonderurlaub". Gleichzeitig appellierte Pröll an private Arbeitgeber, es ihm gleichzutun. Post und OMV haben laut Ö1 ebenfalls angekündigt, Mitarbeiter für den Einsatz freizustellen. Siemens garantiert seinen Mitarbeitern volle Bezüge, während sie im Hochwassergebiet helfen.
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In Österreich ist kein Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, ehrenamtlich tätigen Helfern im Einsatzfall freizugeben. Genauso wenig ist geregelt, ob Arbeitnehmer bei Einsätzen in der Dienstzeit weiter Entgelt erhalten oder unbezahlten Urlaub nehmen müssen. Und obwohl der Arbeitgeber den Mitarbeitern ihr Ehrenamt nicht grundsätzlich verbieten kann, könnte ein Einsatz ohne Absprache als "unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst" einen Entlassungsgrund bieten.
"Urlaub am Einsatzort" in Österreich üblich
In Österreich ist das Feuerwehr- und Rettungswesen stark von Freiwilligkeit getragen. 2500 hauptamtlichen Florianijüngern stehen 325.000 freiwillige gegenüber. Rund 46.000 ehrenamtliche, aber nur 4900 hauptberufliche Mitarbeiter hat das Rote Kreuz. "Es ist durchaus üblich, dass freiwillige Helfer für die Dauer des Einsatzes unbezahlten Urlaub nehmen", erzählt Anton Hörting, Experte für Freiwilligenarbeit im Sozialministerium. Die einzelnen Feuerwehr- und Katastrophenschutzgesetze der Länder regeln, ob den Helfern der Lohnausfall bezahlt wird. So kann man sich als betroffener Arbeitnehmer unter anderem in Wien, NÖ, OÖ, Tirol oder der Steiermark an die Gemeinde wenden. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass die Kasse wieder klingelt - die Gesetze legen nur fest, ob ein Antrag auf Ersatz des Verdienstentgangs gestellt werden kann oder nicht. Ob gezahlt wird, liegt im Ermessen der Gemeinde.
Einsatzleiter bekam für den Einsatz nicht frei
Ein Regelungsvorschlag kam im November 2005 aus der Steiermark. "Anlassfall war ein Einsatzleiter der freiwilligen Feuerwehr, der während der Erdrutsche im Sommer 2005 nicht frei bekam, obwohl er dringend am Einsatzort benötigt wurde", erzählt der steirische Christgewerkschafter Franz Gosch: "Generell hatten die freiwilligen Einsatzkräfte aufgrund des Drucks der Arbeitgeber Probleme, ihren Mannschaftsstand aufrecht zu erhalten." Gosch stellte die "Allianz der freiwilligen Feuerwehr Steiermark" auf die Beine, die die Bundesregierung aufforderte, die Rechte der Ehrenamtlichen gesetzlich festzuschreiben. So sollen deren Arbeitgeber im Einsatzfall mit dem "Entgeltfortzahlungsfonds" der Allgemeinen Unfallversicherung oder dem Katastrophenfonds der Länder unterstützt werden. Gefordert wurde auch die Aufnahme von Mitgliedern freiwilliger Einsatzorganisationen ins Arbeitsplatzsicherungsgesetz (APSG), um die Jobs der Einsatzhelfer unter Fortzahlung des Entgelts zu schützen. Bisher gilt das APSG (ohne Entgeltfortzahlung) nur für Präsenz- und Zivildiener. Der Vorschlag wird derzeit im Parlament diskutiert. Martin Gleitsmann, Arbeitsrechtler bei der Wirtschaftskammer Österreich, hält eine einheitliche Regelung zumindest bei der freiwilligen Feuerwehr für wünschenswert. "Das Land sollte den Helfern die Verdienstausfälle ersetzen", erläutert Gleitsmann die Wünsche der Wirtschaft.
Feuerwehr: "Regelung senkt Berufschancen"
Auf Seiten der Helfer herrscht Skepsis gegenüber einer Regelung. Anton Brandauer, Vizepräsident des Bundesfeuerwehrverbandes, befürchtet, dass ein gesetzlicher "Freistellungszwang" die Chancen für Feuerwehrmitglieder bei der Jobsuche verringert. Die Kooperation mit den Betrieben funktioniere ohnehin gut, betonte er am Donnerstag im ORF-Radio. Auch das Rote Kreuz will keine Regelung. "Das wäre ein Stigma für Ehrenamtliche bei der Jobsuche", so Sprecher Bernhard Jany. Für ihn vorstellbar sind Steuerbegünstigungen für kleine, "einsatzfreundliche" Betriebe sowie eine bezahlte "Katastrophenkarenz". Im Sozialministerium hält man freiwillige Helfer ebenfalls nicht für benachteiligt. Im November letzten Jahres rief man den "Freiwilligenpass" ins Leben, in den ehrenamtliche Tätigkeit bei einer Organisation eingetragen werden kann. "Das ist eine Qualifikation, kein Stigma", so Hörting. Das Land Oberösterreich hat sich bereits verpflichtet, Jobwerber für Landestellen mit Freiwilligenpass ihren Konkurrenten ohne Schein vorzuziehen.
www.freiwilligenweb.at