)
Subventionssystem intransparent, ineffizient, unübersichtlich und teuer.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Nachdem seit der Vorwoche also klar ist, dass das Budgetloch bis 2018 rund 24 Milliarden Euro beträgt, stellt sich nun die Frage, wie der jährliche Konsolidierungsbedarf von fast fünf Milliarden Euro bewerkstelligt werden soll. Ganz einfach, denkt so mancher: Man kappt die Förderungen - immerhin 15 bis 18 Milliarden Euro pro Jahr - um ein Drittel, und die Sache hat sich erledigt. Wenn das nur alles so einfach wäre.
Die Schwierigkeiten beginnen schon mit dem Begriff "Förderung". Laut volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung (VGR) umfassen Förderungen oder Subventionen "alle laufenden Transfers des Staates an Wirtschaftsunternehmen, einschließlich staatsnaher Einheiten, die dem privaten Sektor zugerechnet werden (z.B. ÖBB, Krankenanstalten, Infrastrukturbetriebe der Gemeinden)" und Ausgaben, "die zur Erfüllung kultureller, sozialer, wirtschaftlicher sowie sonstiger staatspolitischer und gesellschaftspolitischer Aufgaben getroffen werden". Nicht dazu zählen damit Transfers an private Haushalte.
Echte und unechte Subventionen
So ist der Heizkostenzuschuss ein sozialer Transfer, aber keine Förderung im Sinne der VGR. Auch wenn die Gemeinde Eisenstadt ihren Einwohnern bei der Anschaffung von Elektrofahrrädern mit bis zu 100 Euro unter die Arme greift, ist das keine Förderung. Schießt das Lebensministerium Unternehmen beim Kauf von Dutzenden E-Bikes für ihren Fuhrpark bis zu 400 Euro zu, fällt das unter Subvention. Dasselbe gilt, wenn das Land Kärnten laut Kulturbericht 2011 mehr als 80.000 Euro für die "Anschaffung von Trachten" an diverse Musikkapellen überweist. Wenn es aber - wie seinerzeit unter Jörg Haider - jährlich 200.000 Euro dafür aufwendet, den Kauf von Kärntneranzügen zu "fördern", dann ist das VGR-mäßig keine Förderung.
Auch die steuerliche Begünstigung des 13. und 14. Gehalts ist keine "indirekte Subvention", auch wenn der Rechnungshof sie als solche bezeichnet. Hier entgehen dem Staat jährlich übrigens rund sechs Milliarden Euro. Damit wäre das Budgetloch ziemlich einfach gestopft, doch daran will sich kein Politiker die Finger verbrennen.
Deutlich über dem europäischen Schnitt
Doch zurück zu den Förderungen. Diese belaufen sich laut Wifo-Experte Hans Pitlik auf geschätzte 18 Milliarden Euro, also rund 5,5 Prozent des BIP. Der europäische Durchschnitt liegt bei etwas über zwei Prozent - "da schlummert großes Potenzial", sagt Pitlik.
Die größten Brocken sind die Spitäler mit etwas über fünf Milliarden Euro und die ÖBB mit etwas unter fünf Milliarden. Das Gros der Förderungen fließt laut Wirtschaftsforscher Pitlik in den "Verlustauffang von öffentlichen Unternehmen". Aber auch die Bankenhilfe schlug sich zuletzt kräftig nieder.
Aber auch sonst wird in Österreich "extrem viel gefördert", sagt Pitlik - und zwar von Bund, Ländern und Gemeinden. Das führt zu Doppelgleisigkeiten und dazu, dass das Fördersystem "schwer überschaubar ist", wie es in einem Bericht von Rechnungshof, Wifo, IHS und dem Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ) heißt. Das erschwert den Überblick und macht das System intransparent. Eine entsprechende Datenbank ist in Österreich erst im Aufbau. Derzeit wird noch erhoben, welche Förderungen es überhaupt gibt. "Wir wissen einfach zu wenig darüber, es ist zu intransparent - das erschwert es auch, die Effizienz des Systems zu bewerten", sagt Pitlik.
Ein Grund für diesen Wildwuchs ist, dass es im föderalen System von Bund, Ländern und Gemeinden an einer Gesamtstrategie fehlt. Dadurch werden die Mittel auch nicht unbedingt zielgerichtet eingesetzt. Ein weiteres Problem: Der Verwaltungsaufwand ist beträchtlich. Das KDZ rechnet bei Forschung und Entwicklung mit Administrationskosten von bis zu 23,5 Prozent des Fördervolumens. Bei der Sportförderung gehen in der Verwaltung bis zu 16 Prozent drauf.
Pitlik: 500 Millionen pro Jahr sind realistisch
Natürlich sind Förderungen ein wichtiges politisches Gestaltungsmittel. Allerdings stehen dabei "oftmals kurzfristige Effekte oder Beschäftigungswirkungen im Vordergrund" - oft mit innovationshemmender, strukturkonservierender Wirkung. Auch werden staatliche Förderungen (etwa im Bereich Kultur oder Soziales) "als laufende staatliche Verpflichtung angesehen", kritisiert der Bericht. Dadurch gebe es kaum Anreize zur Eigen- oder Drittfinanzierung.
Dass es auch mit weniger Förderungen geht, haben die skandinavischen Länder gezeigt, die seit den 90er Jahren ihre Subventionen massiv zurückgeschraubt haben. Aber um wie viel könnten Österreich seine Förderungen kürzen? Um ein Drittel? "Nicht wenn Sie politisch überleben wollen", sagt Pitlik. Er hält 500 Millionen Euro pro Jahr für realistisch. Damit bleibt eine deutliche Lücke.
Da kommen wieder die unechten Förderungen ins Spiel, also etwa steuerliche Vergünstigungen. Neben der für das 13. und 14. Gehalt hat der Rechnungshof 557 weitere Ausnahmen zur Einkommenssteuer ausgemacht, durch die dem Staat mehr als vier Milliarden Euro durch die Lappen gehen. Ebenfalls viel Spielraum gibt es im Bereich der sonstigen Transfers - auch wenn dann weniger in Trachtenanzügen auf E-Bikes unterwegs sind.