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Bei Gemeinden lauern ungewisse Risiken

Von Hermann Sileitsch

Wirtschaft

Kein Überblick über Haftungen und Schulden der Infrastrukturfirmen. | Städtebund: "Ausgliederungen durch Bund animiert." | Wien. Es gibt 2357 Gemeinden in Österreich. Rund 55 Prozent davon haben Infrastrukturfirmen aus ihrem Budget ausgelagert. Dort schlummern Risiken, die nicht erfasst sind, warnt der Staatsschuldenausschuss. "Wir haben eine Erhebung angestrebt, die aber unvollständig blieb. Vieles weiß man einfach nicht", sagt Österreichs oberster Schuldenwächter Bernhard Felderer zur "Wiener Zeitung".


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Er vergleicht die Situation mit Banken, die oft Geschäfte und Haftungen in Sondervehikel ausgelagert hatten, um diese nicht in der Bilanz ausweisen zu müssen.

Unbekannte Haftungen

Das Problem erinnert überdies an die Landeshaftungen: Erst im Zuge der Krise der Hypo Alpe Adria Bank war zum Vorschein gekommen, dass das Land Kärnten mit rund 19 Milliarden Euro alleine für dieses eine Institut haftet. Nach und nach stellte sich heraus, dass die Bundesländer mit fast 64 Milliarden Euro für ihre (einstigen) Landesbanken geradestehen.

Bei den Gemeinden geht es um Unternehmen, die Infrastrukturaufgaben erfüllen, aber als selbständige Gesellschaften (teils mit privaten Investoren) geführt werden. Sie haben eigene Einnahmen und nehmen Schulden auf, für die jedoch die Gemeinden und Städte bürgen. "Wenn die Einnahmen ausfallen, ist die Gemeinde in Riesenschwierigkeiten", so Felderer.

Wie hoch die Haftungen seiner 246 Städte und größeren Gemeinden sind, weiß auch Thomas Weninger, Generalsekretär des Österreichischen Städtebundes, nicht. Er spielt den Ball zurück: "Die Ausgliederungen haben vielfach animiert von Bund und Ländern stattgefunden." Vor dem EU-Beitritt und Euro-Start sollte so nämlich die Verschuldungsquote des Bundes gesenkt werden - um die "Maastricht-Kriterien" zu erfüllen.

"Kein rechtsfreier Raum"

Einen Mangel an Transparenz sieht Weninger nicht: Die Firmen agierten schließlich nicht im rechtsfreien Raum und hielten sich an Veröffentlichungsvorschriften. "Wir haben keine Banken. Bei uns gibt es das Ausmaß der Haftungen wie für die Landeshypos bei weitem nicht." Die Gemeinden hätten als Einzige den Stabilitätspakt eingehalten. Dass manche Gemeinden nur durch Auflösung von Rücklagen ausgeglichen bilanzieren, liege an den vielen neuen Aufgaben.

Felderer verlangt, dass der Stabilitätspakt von 2008 neu verhandelt wird: Dieser sei durch die Krise "in die Luft geflogen".