Gusenbauer muss Einiges an Kritik einstecken. | Führungsstil und Politik umstritten. | Hirschwang/Rax. Die Person Alfred Gusenbauers ist in der SPÖ unbestritten. Seine Politik nicht. Das wurde bei der Winterklausur des Parteipräsidiums im niederösterreichischen Hirschwang, die am Freitag zu Ende ging, deutlich.
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Zwar gab sich Bundesgeschäftsführer Josef Kalina alle Mühe, Unstimmigkeiten zu dementieren; gerade bei der Pflege, die den ersten Tag der Klausur bestimmte, zeigten sich aber deutliche Gräben in der Partei. Auf der einen Seite stehen der Bundeskanzler, Sozialminister Erwin Buchinger und Wiens Bürgermeister Michael Häupl, die die bestehende Pflegelösung verteidigen - wobei sie nicht müde werden zu betonen, dass die zuständigen Behörden bei der Verfolgung von illegalen Pflegekräften Milde walten lassen sollen. Auf der anderen Seite begehren die Landeshauptleute von Salzburg und Burgenland, Gabi Burgstaller und Hans Niessl, gegen den Chef auf und fordern die Straffreiheit für illegale Pflege.
Neben der Pflege sind auch einige Spitzengenossen mit dem Führungsstil Gusenbauers nicht zufrieden. Mehr "Führungsverantwortung wahrnehmen", wünscht sich Burgstaller.
Der SPÖ ist durchaus bewusst, dass sie als Regierungspartei bei der Bevölkerung derzeit nicht sonderlich gut abschneidet. Die Werte des Kanzlers sind katastrophal: Bei einer Direktwahl würde ihn derzeit nur jeder Fünfte wählen. Gusenbauer selbst gibt sich ob dieser Zahlen cool: An Haltungsnoten sei er nicht interessiert. Das endgültige Urteil würden die Wähler am Ende der Legislaturperiode fällen. Die Wurzel der miserablen Umfragewerte orten Gusenbauer und Kalina in der ÖVP. Diese rede die Erfolge der Regierung schlecht. Allerdings: Die ÖVP mit Vizekanzler Wilhelm Molterer liegt in den Umfragen vor den Roten.
Rote Jugendoffensive
Mit der Winterklausur wollte die SPÖ neuen Schwung für das noch junge Jahr holen. Als Schwerpunktthema suchte man sich die Jugendbeschäftigung aus. Gusenbauer will nun mit der versprochenen Ausbildungsgarantie ernst machen.
Jugendliche, die keine Lehrstelle finden, sollen in Lehrwerkstätten eine fundierte Ausbildung inklusive Abschluss erhalten. Auch der Blum-Bonus soll reformiert werden: Neben der Basisförderung für Lehrlingsausbildung soll es eine Qualitätsförderung geben.
Die Fokussierung auf die Jugend ist nicht zufällig. Einerseits hat man bereits die kommenden Landtagswahlen in Niederösterreich und Tirol, wo erstmals die 16-Jährigen zu den Urnen schreiten dürfen, im Blick.
Andererseits will sich die SPÖ wieder der Jugend annähern, die sich nach der Wahl von Gusenbauer schwer enttäuscht gezeigt hatte. Und: Dank der guten wirtschaftlichen Entwicklung ist mit einem weiteren Rückgang der (Jugend-)Arbeitslosigkeit zu rechnen - endlich ein Erfolg, den die SPÖ verkaufen könnte.