Mit aktiver Industriepolitik könnte die Regierung mehr als 8.000 Jobs in der Region sichern.
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In Steyr stehen 2.356 MAN-Beschäftigte vor einer unsicheren Zukunft. Ihr Werk soll geschlossen und die Produktion in den Osten verlagert werden. Mehr noch: Mehr als 8.000 Arbeitsplätze in der Region stehen auf dem Spiel sowie mehr als eine Milliarde Euro an Wertschöpfung. Know-how in Zukunftsbereichen wie der Ökologisierung des Güterverkehrs und E-Mobilität würde abwandern. Für die Region Steyr und den Standort wäre die Schließung des MAN-Werks eine Katastrophe. Das muss nicht sein. Zur Rettung von Standort und Arbeitsplätzen muss die Regierung ihre Verantwortung wahrnehmen - mit einer aktiven Industrie- und Klimapolitik.
Hinter den mehr als 8.000 Betroffenen stehen Schicksale und Existenzen: Männer, Frauen, Familien. Für die meisten ist MAN mehr als nur der Arbeitgeber. Es sind Menschen, die mit Stolz und Herzblut, mit fachlichem Können und Geschick, mit Fleiß und Arbeitsleistung, mit Bereitschaft und Motivation täglich dazu beigetragen haben, das MAN-Werk wirtschaftlich erfolgreich und Steyr zu einem der größten Automotive-Cluster in Österreich zu machen. MAN hat in den vergangenen Jahren Gewinne gemacht. Es waren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diese Gewinne erarbeitet haben. 2019 wurde den Aktionärinnen und Aktionären eine halbe Milliarde Euro an Dividenden ausbezahlt: kein Zeichen, dass es dem Betrieb schlecht geht. Die beabsichtigte Schließung des Werkes basiert also nicht auf roten Zahlen, sondern auf der Tatsache, dass der Mutterkonzern VW die Lkw-Produktion nach Polen auslagern will.
Es war die Republik Österreich, es waren die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die zuletzt auch Corona-Hilfsgelder in das MAN-Werk in Steyr investiert haben, die Millionen von Fördergeldern in die neue ökologische E-Technologie für Lkw investiert haben. Das war richtig. Umso unverständlicher ist die einseitige Aufkündigung der Standortgarantien, die MAN gegenüber den Beschäftigten abgeschlossen hatte.
"Was ist das für ein System?" Das fragen sich viele in Steyr und darüber hinaus. Was ist das für ein System, in dem ein Betrieb geschlossen wird, obwohl er Gewinne macht? In dem ein Betrieb öffentliche Förderungen aus Steuermitteln in Millionenhöhe bekommt, aber seine Verträge und Standortgarantien nicht einhält? In dem die Menschen, die dort arbeiten, auf der Strecke bleiben und nichts zählen? Das muss und darf nicht so sein. Die Bundesregierung hätte viele Hebel in der Hand, um das zu ändern und die Arbeitsplätze in Steyr zu retten. Sie muss diese Hebel endlich in Bewegung setzen. Ihre Aufgabe ist es, mit Sozialpartnern, Betriebsräten, VW und der Landesregierung eine gemeinsame, nachhaltige Lösung zu schaffen, um die Arbeitsplätze in Steyr zu retten. Eine Möglichkeit liegt im modernen, öffentlichen Beteiligungsmanagement, indem in einen zukunftsorientierten Industriestandort investiert wird, auch im Sinne einer aktiven Klimapolitik. Unsere gesamte Wirtschaft steckt in einem riesigen Transformationsprozess in Richtung Ökologisierung. Gleichzeitig erleben wir die größte wirtschaftliche Krise seit 1946. In dieser Phase des Umbruchs ist es Aufgabe der Politik, nicht nur zu verwalten, sondern zu unterstützen und mitzugestalten. Darin liegt die Verantwortung - auch, um mehr als 8.000 Menschen in Steyr eine Zukunft zu geben.
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