Aus den Richtlinien könnten künftig verbindliche Vorgaben entstehen.
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Wien. Wie lässt sich die Umweltbilanz von einem Ei berechnen? Es reicht jedenfalls nicht, den Weg von der Henne bis ins Supermarktregal nachzuverfolgen. Bei tierischen Produkten verschlechtert die Fütterung die Ökobilanz, denn für Soja-Futter werden Regenwälder in Südamerika gerodet. Der indirekte Flächenverbrauch lässt so den CO2-Verbrauch steigen. Noch schwieriger ist es, den Umwelt-Fußabdruck für ein gesamtes Handelsunternehmen zu berechnen. "Bei der Ökobilanz wird viel getrickst. Unternehmen machen nicht nur Bilanzkosmetik, sondern auch CO2-Kosmetik. Deshalb ist es wichtig, dass es in der EU anerkannte Regeln gibt, die Unternehmen für ihre Umweltbilanz anwenden", sagt Kewin Comploi, Nachhaltigkeitsexperte von Global 2000.
Die Umweltschutzorganisation entwickelt in einem Pilotprojekt der EU-Kommission gemeinsam mit dem österreichischen Umweltbundesamt und sechs weiteren Partnern, darunter der französische Einzelhändler Carrefour, EU-weit einheitliche Standards für die Berechnung des Umwelt-Fußabdruckes von Händlern. Diese Branche gilt in diesem Zusammenhang als spannend, weil sie als Schnittstelle zwischen Produktion und Konsumenten fungiert.
Mehr als die Hälfte der EU-weit tätigen Händler sollen in den kommenden zwei Jahren in die Festsetzung von Kriterien eingebunden werden. "Um nachhaltiges Wachstum anzukurbeln, müssen Konsumenten in der Lage sein, authentische grüne Produkte und Firmen zu identifizieren, und das ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung", sagt der slowenische EU-Umweltkommissar Janez Potocnik.
Kennzeichnung verwirrt
Derzeit werden in den einzelnen Ländern unterschiedliche Kriterien für den Umwelt-Fußabdruck verwendet. In Großbritannien weist beispielsweise der Händler Tesco auf einigen Produkten die Klimabilanz aus. Wie sich die Berechnung mit dem "Pro Planet"-Label von Rewe oder "Zurück zum Ursprung" von Hofer vergleichen lässt, ist für Konsumenten allerdings nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Für Pro Planet gelten beispielsweise zehn Indikatoren zu Landwirtschaft (etwa Humus- oder Stickstoffbilanz) und Ressourcen (Wasser- und Flächenverbrauch, Materialeinsatz und Transport bis ins Regal).
"Viele Konsumenten sind mit der derzeitigen Kennzeichnung überfordert, daher ist das Ziel auch eine vergleichbare Produktkennzeichnung", sagt Jürgen Schneider, Leiter des Bereichs Wirtschaft und Wirkung im Umweltbundesamt. Aus den im Projekt ausgearbeiteten Richtlinien könnten künftig möglicherweise verbindliche Vergaben entstehen, sagt Schneider.
Die Händler legen ihr Augenmerk zunehmend auf geringen Ressourcenverbrauch, sagt Global-2000-Experte Comploi. Die Einsparungserfolge werden auch gerne kommuniziert. In Supermärkten sind etwa Kühlregale Energiefresser, lange Zeit hätten Unternehmen befürchtet, dass Kunden bei einer Isolierglastür vor dem Regal weniger kaufen. Comploi: "Umweltbewusstsein ist zunehmend in der Gesellschaft verankert. Deshalb entwickeln sich Ökostrom-Nutzung in den Filialen und spritsparende Lkw im Transport zu einer Frage der Glaubwürdigkeit für Händler."