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Beide Länder werden profitieren

Von Hans-Paul Nosko

Europaarchiv

Irland sieht den Beitritt der zehn neuen Länder zur EU als Chance für die Erschließung neuer Märkte. Da Österreich durch die Erweiterung zur Drehscheibe nach Osteuropa werde, könnte es zu einer stärkeren Zusammenarbeit mit heimischen Firmen kommen. Dies sagte der irische Wirtschaftsminister Michael Ahern in einem Exklusivinterview für die "Wiener Zeitung" anlässlich eines Österreich-Besuchs.


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Dem 1. Mai 2004 sieht Ahern optimistisch entgegen. An diesem Tag wird die EU aller Voraussicht nach 25 Mitglieder haben.

"Wir müssen neue Märkte erschließen", weiß der irische Wirtschaftminister. Sein Land, das vor allem in den vergangenen zwei Jahrzehnten ökonomisch kräftig zugelegt hat, weise derzeit eine Exportquote von 80% auf. Irische Firmen besäßen Niederlassungen in Tschechien, Polen, Ungarn und Rumänien, vor allem in den Bereichen Informationstechnologie, Maschinenbau, Pharmazie, Textil und Bankdienstleistungen.

"Die EU-Erweiterung ist für beide Länder eine Chance", ist Ahern überzeugt. Irland pflege wirtschaftlich gute Beziehungen zu Großbritannien und den USA, Österreich mit den ehemaligen Staaten des Ostblocks. Über die Drehscheibe Wien könnten Firmen beider Länder etwa über Joint-Ventures die mittel- und osteuropäischen Märkte bearbeiten, sagte Ahern, ohne mögliche konkrete Projekte preiszugeben. Die Ausfuhren Irlands nach Österreich im vergangenen Jahr beziffert er mit 334 Mill. Euro, die Einfuhren aus Österreich mit 207 Mill. Euro.

Das Entstehen kostengünstiger Produktionsstätten in den neuen EU-Staaten sieht Ahern nüchtern: "Wir können nicht mit billiger Fabriksarbeit konkurrieren." Die Stärke seines Landes liege in einem hohen Bildungsniveau und in kräftigen Investitionen in Forschung und Entwicklung.

Der zuweilen vertretenen Ansicht, US-Betriebe wie die Computer-Riesen Dell oder Microsoft würden vor allem wegen der gemeinsamen Sprache auch nach der Erweiterung in Irland bleiben, widerspricht der Wirtschaftsminister: "Wir haben 38.000 Hochschulabsolventen. Die Firmen bleiben wegen der guten Ausbildung und der Flexibilität unserer Arbeitskräfte."

In Österreich ist Irland mit sechs Unternehmen vertreten, darunter die Anglo Irish Bank, die Jefferson Smurfit Group, der die Nettingsdorfer Papierfabrik gehört, und das Callcenter Conduit. Diesem Unternehmen, das hierzulande seit fünf Jahren eine Niederlassung hat, gratulierte Ahern auf seinem Österreichbesuch zum 15-millionsten Anruf. Was er in Österreich besonders schätzt: Seit dem EU-Beitritt 1995 ist die Zahl der Irish-Pubs hierzulande kräftig in die Höhe geschnellt. Landesweit dürften es mehr als 20 sein, allein in Wien existieren elf "public houses", fünf davon werden von Iren geführt.