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Beide Streitparteien können gewinnen

Von Michael Czinglar

Wirtschaft

Außergerichtliche Streitbeilegung ist oft günstiger und geht schneller. | Rechtsanwälte als Mediatoren. | Wien. Prozesse vor Gericht haben in der Regel zwei entscheidende Nachteile: Sie kosten viel und dauern lange. Kein Wunder also, dass sich Alternativen zum klassischen Gerichtsverfahren immer größerer Beliebtheit erfreuen. Eine solche Alternative ist Collaborative Law - ein relativ neues, außergerichtliches Konfliktlösungsmodell.


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Im Wesentlichen läuft ein Collaborative-Law-Verfahren so ab, dass sich die Konfliktparteien darauf einigen, den Streit vorerst nicht zu Gericht zu tragen, sondern diesen unter Zuhilfenahme von mediativ geschulten Rechtsanwälten und allenfalls unter Beiziehung externer Experten zu lösen. Ursprünglich war dieses Modell vor allem für Familienstreitigkeiten wie Scheidungen entwickelt worden, bietet sich aber auch für die meisten anderen Konflikte als Lösungsmodell an.

Das Besondere am Collaborative Law und im Gegensatz zur Mediation - einer anderen Form der außergerichtlichen Streitbeilegung - ist, dass es keinen Mediator als neutralen Vermittler gibt, sondern die Konfliktparteien jeweils mediativ geschulte Rechtsanwälte als ihre Berater beiziehen, die für den Gang des Verfahrens im Wesentlichen verantwortlich sind.

Zunächst schließt jede Konfliktpartei mit ihrem Anwalt den sogenannten Mandatsvertrag ab. In weiterer Folge wird bei einem ersten gemeinsamen Treffen, bei dem die Konfliktparteien und ihre jeweiligen Anwälte zusammenkommen, der CollaborativeLaw-Vertrag abgeschlossen, in welchem der Konflikt definiert wird und die Stufen der Lösungsfindung festgelegt werden. Wesentlich bei diesem Verfahren ist, dass für den Fall, dass eine der Konfliktparteien den Streit vor Gericht bringt, die im Collaborative-Law-Verfahren tätigen Anwälte nicht vor Gericht auftreten dürfen. Dieses Faktum ist ein ganz wichtiger Impuls für die Parteien dahingehend, dass sie - wenn sie sich einmal für dieses Verfahren entschlossen haben - dasselbe auch zu einem guten Ende bringen.

Es geht nicht darum, den anderen zu bestrafen

Grundsätzlich erfolgt die Konfliktlösung wie bei der Mediation. Das bedeutet, dass die Parteien nicht aus starren Positionen heraus verhandeln, sondern im Auge behalten, dass sie eine Lösung aushandeln wollen, die den Bedürfnissen aller Konfliktparteien entspricht und die insbesondere zukunftsorientiert und nicht vergangenheitsbezogen ist. Die Konfliktparteien müssen sich darüber im Klaren sein, dass es bei einem solchen Collaborative-Law-Verfahren eben um Kooperation und nicht um Vergeltung oder Bestrafung geht. Dieses Verfahren bietet wie die Mediation den großen Vorteil, dass es wesentlich schneller und kostengünstiger abgewickelt werden kann als ein normales Gerichtsverfahren und am Ende eine Lösung steht, die von allen Konfliktparteien mitgetragen wird. Dies ist auch der wesentliche Unterschied zu einem gerichtlichen Verfahren, bei dem es am Ende immer einen Sieger und einen Verlierer gibt.

In Österreich wird diese Ausbildung seit etwa fünf Jahren angeboten. Es gibt auch bereits eine Liste von Collaborative-Law-geschulten Anwälten.

Michael Czinglar ist Rechtsanwalt und Generalsekretär der Anwaltlichen Vereinigung für Mediation.

www.avm.co.at