Jeder dritte Mann will keine Kinder. | Experte Wolfgang Lutz warnt vor einer "Spirale nach unten". | Wien. Mehr als ein Drittel der österreichischen Männer will keine Kinder. Der Wunsch, Nachwuchs zu bekommen, ist nirgends in Europa so stark gesunken wie in Österreich. Das ist eines der Resultate einer neuen Studie, die Wolfgang Lutz vom Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Zusammenarbeit mit dem Forum Nachhaltiges Österreich erstellte und am Dienstag in einer Pressekonferenz präsentiert.
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Die durchschnittliche erwünschte Kinderzahl österreichischer Männer beträgt 1,2, die der heimischen Frauen 1,7 Kinder, während man in anderen Ländern zwei oder mehr Kinder als ideal ansieht. Früher, so Wolfgang Lutz, wünschten sich die Männer eindeutig mehr Kinder als die Frauen. Wenn Männer bei der Betreuung der Kinder "mehr in die Pflicht genommen werden", sinke offenbar deren Freude an Kindern.
In Österreich besteht nur eine minimale Diskrepanz zwischen der erwünschten (1,69) und der realisierten Kinderzahl (1,63), wenn man mit "tempobereinigten" Zahlen (sie berücksichtigen das ständig steigende Gebäralter der Frauen) arbeitet. Damit ist hierzulande der Spielraum für die Politik gering, durch gezielte Maßnahmen die Geburtenraten zu erhöhen. Das Kindergeld habe relativ wenig Effekt. Sind Kinder im Umfeld rar, sinke laut Lutz die Bereitschaft zu eigenen Kindern weiter, dadurch entstehe eine "Spirale nach unten" mit ständig abnehmenden Geburtenraten.
Steht die "Bevölkerungspyramide" auf dem Kopf, so hat das enorme Auswirkungen auf Arbeitsmarkt und Pensionssystem. Für den Arbeitsmarkt, so die Demographin Alexia Fürnkranz-Prskawetz, werden drei Gruppen wichtig: die Frauen, die jetzt Arbeitslosen und ältere Arbeitnehmer. Wenn die Wiegen leer bleiben, müsse das Pensionsantrittsalter weiter steigen.
Hält der heutige Trend an, könnten laut Lutz im Jahr 2100 in Österreich 80 Prozent der Menschen über 65 Jahre alt sein, auch bei Zuwanderung wären es noch immer 60 Prozent. Wenn nicht massiv gegengesteuert werde, sei, so Lutz, eine solche Entwicklung "kaum mehr aufzuhalten".