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Beklemmendes Wachrütteln

Von Christine Dobretsberger

Politik

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Anläßlich des Gedenktages gegen Gewalt und Rassismus im Andenken an die Opfer des Nationalsozialismus fand im Alten Reichsratsitzungssaal des Parlaments eine Aufführung von Udo Zimmermanns Oper

"Weiße Rose" statt. Erzählt wird anhand von authentischem Material das Schicksal der Geschwister Scholl, die nach der schicksalsträchtigen antifaschistischen Flugblattaktion im Februar 1943 in

getrennten Todeszellen auf ihre Hinrichtung warten.

Zimmermann konzentriert sich in seiner musikalischen Aufarbeitung ausschließlich auf die innere Dimension, die unbeschreibliche psychische Belastung, der Sophie und Hans Scholl im Angesicht des knapp

bevorstehenden Todes ausgeliefert sind. Das breite Feld an Ängsten, kurzzeitigen Verdrängungsmechanismen, Wut und Verzweiflung findet in Zimmermanns Musik auf sehr subtile Weise Ausdruck.

Komponiert für 2 Sänger und 15 Instrumentalisten, kreiert Zimmermann eine auf Grund ihrer inneren Zurückhaltung bedrückende Atmosphäre. Analog zum Wesen der beiden Münchner Studenten, werden

überdramatische Elemente ausgespart. Vielmehr wird der Szenerie eine Art entrückter Charakter verliehen. Höchstpersönlich am Dirigentenpult, führt Zimmermann das Bühnenorchester der Österreichischen

Bundestheater auf eine Ebene, die mit dem zeitweilig entrückten Verhalten der beiden Protagonisten synchron geht.

Sophie (Ildiko Raimondi) und Hans Scholl (Hans Peter Kammerer) frönen zwar bis zur äußersten Konsequenz ihrem ungebrochenen Idealismus, finden aber unterschiedliche Nischen, ihre Angst in den Griff

zu bekommen. So wirkt die Szenerie manchmal befremdend, wenn analog zur lyrisch gefärbten Musik von Sehnsüchten nach der unwiderbringlichen Wiederholung einstiger schöner Augenblicke geträumt wird.

Wüßte man nicht um den tragischen politischen Hintergrund Bescheid, könnte man ganz andere emotional gefärbte Inhalte vermuten.

Anderseits wird natürlich auch mit schroffen Akzenten gearbeitet, die Zimmermann aber ebenfalls nach dem Motto der leisen Verdeutlichung umsetzt. Womit auch seitens der Regie (Michael Sturminger) der

passive Widerstand verdeutlicht wird, gleichzeitig das Scheitern der Utopie pittoresk zerbricht. Unterstrichen wird das musikalische Mahnmal von der Ausdrucksstärke der beiden Sänger, die auf dem

schlichten, in Weiß gehaltenen Bühnenraum (Ausstattung: Renate Martin und Andreas Donhauser) ihre alptraumhafte psychische Odyssee begehen.

Ildiko Raimondi gibt eine sensible Sophie Scholl, die geistige Zuflucht in alten Erinnerungen sucht. Stimmstark und überzeugend im Ausdruck präsentiert Hans Peter Kammerer einen Hans Scholl, dessen

unbändige Energie geistige Gefangenschaft keine Sekunde lang zuläßt. Für ihn liegt ein globaler Aufschrei schon spürbar in der Luft, ist ein Leben in Lüge untragbar.

"Ohne Wahrheit gibt es kein Glück" heißt es in weiterer Folge. Die Einstellung zweier Märtyrer, die das Gewissen einer ganzen Nation wachzurütteln suchten und von dumpfer Gewaltherrschaft brutal

ausgelöscht wurden.