Viele Migranten scheitern bei Auswahlverfahren der Polizei.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Von Vertrauen und Zusammenarbeit kann zwischen der Polizei und Migranten keine Rede sein. Der aktuelle Rassismus-Report von Zara stellt den Gesetzeshütern ein schlechtes Zeugnis aus. Von insgesamt 772 rassistischen Vorfällen im Jahr 2012 entfielen acht Prozent auf die Polizei. Die Dunkelziffer sei viel höher, heißt es in dem Bericht. Fragwürdige Methoden - wo etwa eine (angenommene) ethnische Zugehörigkeit als Indikator für gezielte Kontrollen von Personen benutzt werden - fördern zudem eine "pauschale Gemeinschaft von Verdächtigen".
Dabei ist die Polizei auf der Suche nach Mitarbeiten mit Migrationshintergrund. Eigene Projekte wurden gestartet, um ein weltoffeneres Gesicht der Polizei zu zeigen. Der Verein "Fair und sensibel" hat sich etwa zum Ziel gesetzt, Vorurteile zwischen Polizisten und Nicht-Polizisten abzubauen, die Initiative "Wien braucht dich" versucht, junge Migranten zu rekrutieren. Wirklich große Erfolge konnten dabei aber bisher nicht erzielt werden. Es würden sich zwar mehr Migranten bewerben, aber überdurchschnittlich viele scheitern im Auswahlverfahren bei der deutschen Rechtschreibung und der Grammatik, so Karl Heinz Grundböck vom Innenministerium. Nun soll die Komplexität der Verfahren erhöht werden. Etwa sollen weitere Sprachkenntnisse in Zukunft von Vorteil sein. Man wünsche sich mehr Migranten, den "Quoten-Polizisten" werde es aber nicht geben, betont Grundböck.
Fehlende Sensibilität gegenüber Vorurteilen
So sehr man sich um Migranten für die Polizei bemüht, so sehr fehlt es an Ideen für die alltägliche Begegnung im Einsatz. Nach wie vor komme es zu vorurteilsbehaftetem Verhalten der Beamten gegenüber Migranten, sagt Dina Malandi vom Verein Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit (Zara). Vorurteile könnten zwar immer entstehen, sie dürfen aber nicht hängen bleiben, betont sie. Hier müsste intern mehr Sensibilisierungsarbeit geleistet werden.
Weiters kritisiert sie, dass Beschwerden bei Diskriminierungen von Polizisten oftmals im Sand verlaufen. "Es steht dann Aussage gegen Aussage, da der Beamte sein Verhalten meistens leugnet", sagt Malandi. Viele Polizisten würden zudem den Kollegen decken, obwohl sie selber unglücklich über sein diskriminierendes Verhalten seien. Sie fordert daher eine unabhängige Stelle für polizeiliches Fehlverhalten.
Dass sich die Polizei um ein besseres Image bemüht, ist nicht von der Hand zu weisen. Dass die Umsetzung aber nicht immer glückt, zeigte die von der Wiener Polizei initiierte Veranstaltung "Day of Contact", die vor kurzem im Wiener Gasometer stattfand. Zu den Programmpunkten gehörten Musikgruppen wie Dela Dap, Harri Stojka, DJs der Rap Melange oder die Polizisten- Band Marokko Stampeders sowie Showeinlagen der Wega und der Diensthundeabteilung.
Innerhalb der Halle grenzt ein rot-weiß-rotes Band die Zone der Polizisten von jener der etwa 150 Besucher ab. Kaum zu sehen sind die Uniformierten außerhalb dieser Zone. Meist stehen sie in kleinen Grüppchen im Halbdunkel zusammen. Kontaktsuche sieht anders aus.
Die Show geht los: Nach einem lauten Krach seilen sich Wega-Beamte in Sekundenbruchteilen ab, um sich auf den "Kriminellen" zu stürzen. Dieser wird dingfest gemacht und abgeführt. Die Vorführungen der Polizei machen eines klar: Anlegen sollte man sich mit der Polizei besser nicht. Vor allem, wenn sie einen Hund dabei haben.
Der Hundeführer gibt das Kommando, und der Hund beißt sich am Ärmel des "Drogendealers" fest. "Hunde freuen sich, wenn sie beißen dürfen", gibt der Hundeführer durch das Mikrofon zu verstehen. Selbst wenn diese Hunde einen Beißkorb hätten, können sie jemanden erhebliche Schmerzen zu fügen, ergänzt er.
Durch den Abend führt Dieter Chmelar: "Day of Contact? Das klingt nach Science Fiction", bringt er die Problematik auf den Punkt.
Das man in der Zukunft bei der Polizei einiges ändern müsse, ist auch dem Obmann von Fair und Sensibel, Josef Böck, klar. Es seien zu viele Berührungsängste da, daher seien vertrauensbildende Maßnahmen notwendig. Man müsse innerhalb der Polizei umlernen. Aber wie das genau geschehen soll, kann auch er nicht sagen.