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Benimmregeln für Unternehmen zu unverbindlich

Von Rosa Eder

Wirtschaft

"Freiwillige vor!" Nicht selten folgt auf diese Aufforderung zunächst einmal peinliches Schweigen. "Warum soll ich, wenn ich nicht muss?" lautet die Devise. Mit der Umsetzung des | österreichischen Corporate Governance-Kodex verhält es sich ähnlich: Zwei Drittel der börsenotierten Unternehmen ignorieren die Empfehlungen des freiwilligen Kodex, geht aus einer Studie der Arbeiterkammer (AK) hervor.


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Im "Austrian Code of Corporate Governance" sind Grundsätze guter Unternehmensführung festgeschrieben. Der Kodex besteht aus mehreren Regelungen des Aktienrechts, die ohnehin eingehalten werden müssen, Regeln, die eingehalten werden sollten und deren Nichteinhalten erklärt werden soll (Comply or Explain), sowie Empfehlungen (Recommendations), deren Nichteinhaltung keiner Begründung bedarf. Nur 39% der 85 inländischen Aktiengesellschaften, die an der Wiener Börse notieren, bekennen sich zum Kodex, so die AK.

Aber auch jene Unternehmen, die sich den Kodex auf die Fahnen geheftet haben, setzen nur einen Teil der Empfehlungen durch. Die AK listet insgesamt 106 Abweichungen auf. So ist etwa die Einzelveröffentlichung der Vorstandsgehälter nur eine Empfehlung, an die sich lediglich vier Unternehmen halten, führte Studienautor Heinz Leitsmüller gestern vor Journalisten aus. Es handelt sich dabei um Verbund, OMV, Wienerberger und Böhler-Uddeholm. Als Erklärung, warum die österreichischen Top-Manager so g'schamig sind, was Auskünfte über die Höhe ihres Salärs betrifft, meint Leitsmüller: "Das würde eine Diskussion um die Angemessenheit der Bezüge entfachen."

Die "Benimmregeln" für Unternehmen sind laut Arbeiterkammer jedenfalls zu unverbindlich. Die Arbeitnehmervertreter fordern unter anderem, dass alle börsenotierten Unternehmen Auskunft geben müssen, ob und wieweit sie den Kodexempfehlungen entsprechen.

Richard Schenz, Regierungsbeauftragter für den Kapitalmarkt und Vorsitzender des österreichischen Arbeitskreises für Corporate Governance, weist die Forderung der AK zurück. Die Regeln des Corporate Governance Kodex pauschal in das Gesetz zu übernehmen, sei "nicht der richtige Weg, um die Wettbewerbsfähigkeit des österreichischen Finanzplatzes zu stärken". Es gehe vielmehr um "effektive Selbstregulierung, und da ist mit der Einführung einer verpflichtenden Erklärung zum Kodex im Prime Market der Wiener Börse ein beachtlicher Schritt vorwärts gelungen". Aus Investoren-Sicht sei der österreichische Kodex zwei Jahre nach seiner Veröffentlichung "sehr erfolgreich", wenngleich sich Schenz eine noch höhere Einhaltung wünscht.