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Benin verbietet Frauenbeschneidung

Von Simon Inou

Politik

In der Vorwoche wurde in Benin die Beschneidung von Frauen gesetzlich verboten. Viele andere afrikanische Staaten sind auf dem Weg, ihre Bürgerinnen gegen diese grausame Tradition zu schützen. Aber der Weg dorthin ist noch lang, die Initiation der Mädchen ist in manchen Kulturen tief verwurzelt.


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Tanzende Frauen singen in ihren bunten Festtagskleidern: "Wenn du weinst, singen wir nicht mehr für dich. Wenn du weinst, verzeihen wir dir nicht." Ein Dorf im Tschad: Am Boden, den Oberkörper im Schoß einer alten Frau geborgen, den Unterleib nackt und die Beine gespreizt, liegt ein etwa zehnjähriges Mädchen mit zusammengepreßten Lippen und angstvoll aufgerissenen Augen. Dann geht die Kamera nahe heran und filmt, wie dem Mädchen ohne Betäubung mit einem Rasiermesser die Klitoris herausgeschnitten wird.

Das ist eine Sequenz aus dem Fernsehfilm "Dilemma der Weiblichkeit" ("Dilemme au Feminin"), der um so bemerkenswerter ist, als er von der 32jährigen afrikanischen Journalistin Zarah Yacoub Ende 1994 in ihrem Heimatland Tschad gedreht und im dortigen Fernsehen im September 1995 auch ausgestrahlt wurde.

Die Beschneidung von Frauen gehört bis heute zum Alltag in den islamischen Ländern des nördlichen und transsaharischen Afrika. Mädchen zwischen sieben und zwölf Jahren werden beschnitten - ein Initiationsritus, der sie "zur Frau" machen soll und ohne den sie in ihrer Gesellschaft nicht als solche anerkannt werden. "Die schlimmste Beleidigung, die man gegenüber einem Mädchen aussprechen kann, ist, dass es nicht beschnitten sei," bestätigen afrikanische Frauen, die gegen Genitalverstümmelung kämpfen.

Die Folgen der Prozedur sind gravierend: Häufig kommt es unmittelbar danach zu Blutungen oder Infektionen wie Tetanus oder Aids - nicht selten mit tödlichem Ausgang. Beschnittene Frauen empfinden kaum sexuelle Lust, und - je nach Art der Beschneidung - sind Geschlechtsverkehr, Empfängnis und Geburten erheblich erschwert.

Es gibt drei Arten der Beschneidung: Die "einfache" Form ist die Entfernung der Klitoris (Klitoridektomie). Bei der zweiten wird zusätzlich ein Teil der Vulva entfernt (Exzision). Die extremste Form ist die sogenannte Infibulation: Klitoris und beide Schamlippen, also die gesamte Vulva, werden herausgeschnitten und die Wunde anschließend vernäht. Man läßt eine kleine Öffnung - oft nicht größer als der Umfang eines Bleistifts. Diese Form der Beschneidung verursacht bei erwachsenen Frauen die größten Probleme. Oft müssen die Frauen vor Geburten, aber auch zur Ermöglichung eines normalen ehelichen Verkehrs und einer Schwangerschaft operiert werden.

Vorislamische Tradition

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, daß die Beschneidung der Mädchen in der islamischen Religion verankert sei. Sie wurde schon in vorislamischer Zeit praktiziert, worauf auch die Bezeichnung "pharaonische Beschneidung" für die Infibulation hindeutet. Sie ist also eine im Bewusstsein der Menschen tief verwurzelte Tradition, die in vielen afrikanischen Ländern vom Islam übernommen wurde, aber auch in christlichen Familien weit verbreitet ist.

"Nach dem alten Glauben", so erläutert eine Erzieherin in Yacoubs Film den Sinn dieser Tradition, "diente die Beschneidung dazu, das Mädchen in Standhaftigkeit, Tapferkeit und Abstinenz zu initiieren, dies wiederum mit dem Hauptziel der Jungfräulichkeit des Mädchens und der Treue der Frau. Es war also eine erzieherische Maßnahme. Heute prangern wir die Unmenschlichkeit derartiger Praktiken an. Das ist nur normal, denn die heutige Wissenschaft in Erziehung oder Medizin hat sich enorm entwickelt und die Dinge können nicht bleiben, wie sie sind." Wenngleich das Verdikt beispielsweise im Tschad nicht offiziell aufgehoben wurde.

Bewusstsein entwickeln

Viele afrikanische Länder unternehmen rechtliche Schritte, um aus der Schande der Beschneidung zu entkommen. Das Land Benin in Westafrika hat Ende letzter Woche ein Gesetz gegen alle Formen von Frauenmisshandlungen, darunter auch Frauenbeschneidung, verabschiedet. Dies konnte nur gelingen, weil viele in Benin ansässige NRO mit internationaler Unterstützung gekämpft haben. Das schwierigste wird jetzt aber sein, das Gesetz durchzusetzen. Burkina Faso und Elfenbeinküste sind auf derselben Weg. Allmählich kommt eine andere Zeit.