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BenQ schickt die deutsche Handy-Tochter in die Pleite

Von Helmut Dité

Wirtschaft

3000 deutsche Jobs in Gefahr. | "Wir wissen nicht, wie es weiter geht." | Wien. Im schicken Penthouse-Klub "K47" über den Dächern der Wiener City gab es am Mittwochabend zum 1. Geburtstag der Österreich-Tochter von BenQ-Mobile noch viel zu feiern: 20 neue Handymodelle, Real Madrid-Fußballstar Ronaldo mit Werbung für die Marke BenQ-Siemens auf dem Trikot, die Österreichern seit kurzem mit der Vertriebsverantwortung für 34 Länder in Osteuropa, dem Mittleren Osten und Afrika übertragen.


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Keine zwölf Stunden später ist man auch in Wien vorerst ratlos, wie es weiter geht. Denn die einstige deutsche Siemens-Handyproduktion mit 3000 Beschäftigten steht nur ein Jahr nach der Übernahme durch den taiwanesischen Elektronikkonzern BenQ vor dem Aus. Die Münchner Tochter werde Freitag oder Montag einen Insolvenzantrag stellen, sagte ein Sprecher, "wir wissen im Moment auch nicht, wie es weiter geht". Der taiwanesische Mutterkonzern habe überraschend Donnerstag früh bekannt gegeben, dass er keine weiteren Zahlungen mehr leisten werde. Daher sei der Gang zum Amtsgericht unvermeidlich. Betroffen sind die Zentrale in München mit 1400 Beschäftigten sowie Produktionsstandorte in Bocholt und Kamp-Lintfort mit insgesamt 1600 Mitarbeitern. Die hatten beim Wechsel von Siemens an BenQ Lohnverluste in Kauf genommen und erfuhren nun am Donnerstag teils im Autoradio auf dem Weg zur Arbeit die schockierende Neuigkeit.

"Eine schmerzliche Entscheidung"

BenQ - das erst vor wenigen Monaten noch 400 Mio. Euro in die Verluste anhäufende deutsche Tochter gesteckt hatte - wolle das Geschäft mit Handys der Marke BenQ-Siemens aus Asien heraus fortführen und nur noch die dortigen Werke nutzen. "Ungeachtet der Fortschritte bei dem Abbau der Kosten und Ausgaben ist diese sehr schmerzliche Entscheidung unvermeidlich gewesen", sagte BenQ-Chef K.Y. Lee. Die Marktanteile waren zuletzt stark rückläufig, Besserung war auch für das wichtige Weihnachtsgeschäft nicht in Sicht.

Zuletzt hatte es Spekulationen gegeben, BenQ wolle seine Produktion von Mobiltelefonen an einen Auftragsfertiger verkaufen. Schon seit zwei Monaten werde mit der taiwanesischen Foxconn sowie dem US-Unternehmen Jabil über die BenQ-Fabriken in Europa und Asien verhandelt, hieß es. Die Produktion in Mexiko wurde eingestellt, auch bei den Mobilfunk-Standorten in Brasilien "und woanders" würde die "Lage überprüft".

BenQ Mobile hat weltweit rund 8000 Beschäftigte, neben Deutschland und Brasilien auch in China, Polen und im Mutterland Taiwan. Die Handy-Sparte ist eines von drei Standbeinen des Konzerns, der auch Flachbildschirme und Laptops herstellt. Das Unternehmen, eine Abspaltung des Computerherstellers Acer, wollte im vergangenen Jahr zur Nummer 5 unter den internationalen Handy-Herstellern aufsteigen - nach der Übernahme von Siemens wurden aber frühere Auftragsproduktionen für Nokia und Motorola storniert, der Weltmarktanteil sank von 5 auf 3 Prozent.

BenQ Mobile Österreich ist - ebenso wie der deutsche Ableger - eine 100-Prozent-Tochter der niederländischen BenQ-Mobile-Holding. Der Standort Wien - 50 Mitarbeiter - wurde kürzlich aufgewertet, bekam zur bisherigen Verantwortung für Südosteuropa auch die Kompetenz für den Mittleren Osten und Afrika dazu. Wien zeichnet damit für ein Drittel des Konzernumsatzes verantwortlich - in 34 Ländern mit insgesamt 350 Mitarbeitern.

Die Taiwanesen hatten sich mit dem deutschen Elektromulti Siemens im Juni 2005 auf die Übernahme der schwer defizitären Siemens-Handy-Sparte geeinigt, die Transaktion wurde mit 1. Oktober vollzogen. BenQ zahlte nur einen symbolischen Kaufpreis und bekam noch eine Mitgift in Höhe von 350 Mio. Euro vor Steuern dazu.