Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 25 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Schwarzes Gold läßt Kassen klingeln. Besonders in Österreich. Seit Jahren stehen die Mineralölfirmen hierzulande wegen überhöhter Treibstoffpreise unter dem Beschuß von Arbeiterkammer und
Autofahrerklubs. Die Nettobenzinpreise, also die Spritpreise ohne Steuer, wären hierzulande um durchschnittlich 30 Prozent teurer als im EU-Durchschnitt, so die Kritik. Im Februar drohte
Wirtschaftsminister Farnleitner den Mineralölfirmen nach erfolglosen Verhandlungen zum ersten Mal eine amtliche Preisregelung an. Am 23. März erhöhte die OMV die Preise für Superplus um 20, für
Normalbenzin um 14 Groschen. Die anderen Firmen zogen nach. Daraufhin platzte dem Wirtschaftsminister endgültig der Kragen, die Regierungsparteien entschlossen sich, sofort zu handeln. In der Nacht
vom 24. auf den 25. März passierte ein Verfassungsgesetz zur amtlichen Preisregelung den Wirtschaftsausschuß, das am 25. März nach Aufhebung der normalen 24-Stunden-Frist als erster Punkt auf die
Tagesordnung gesetzt werden sollte. Eine Umgehung der parlamentarischen Spielregeln, die bei den Oppositionsparteien helle Aufregung auslöste. Sie nützten die notwendig gewordene
Geschäftsordnungsdebatte, um den Regierungsparteien vorzuwerfen, daß sie die undemokratischen Methoden der Ölkonzerne in einer Nacht-und Nebelaktion mit undemokratischen Mitteln bekämpfen wolle.
Scharfe Attacken
"Diese Koalition hat versagt", stellte die Chefin der Liberalen, Heide Schmidt, klipp und klar in den Raum. Denn die Koalition habe es nicht fertiggebracht, eine Benzinpreisgestaltung zu
ermöglichen, die zumutbar ist für die Bevölkerung. In der letzten Sekunde, so Schmidt weiter, ziehe sie die Bremse eines "planwirtschaftlichen Instruments und läßt sich dann auch noch berühmen." Die
Mineralölfirmen würden Drohungen der Regierung eben nicht ernst nehmen, wetterte der FPÖ-Abg. Ewald Stadler. Sogar Komplicenschaft mit den Mineralölfirmen warf er der Regierung vor. Denn sowohl der
Bundeskanzler, wie auch der Staatssekretär des Finanzministeriums hätten hohe Spitzenpositionen in der OMV bekleidet.
Ins gleiche Horn stieß auch die Klubobfrau der Grünen, Madeleine Petrovic. "Die traditionell der SPÖ verbundene OMV", ätzte sie, "die lacht sich ins Fäustchen." Die Preise wären nach den Drohungen
des Ministers nicht gesenkt worden. "Nein", so Petrovic weiter, "die OMV leistet sich den Spaß, daß der Benzinpreis steigt!" Im Übrigen warf die Grüne den Regierungsparteien blanken Populismus vor.
Minus 70 Groschen
Im Gegensatz zu Liberalen und Grünen stimmten die Freiheitlichen der Abstandnahme von der 24-Stunden-Frist und einer Vorreihung dieses Tagesordnungspunktes zu. In der anschließenden Debatte warfen
sich auch die Klubobleute der Regierungsparteien in die Redeschlacht, um ihre Maßnahme zu verteidigen. Niemand, so betonte ÖVP-Klubobmann Andreas Khol, könne den Regierungsparteien vorwerfen, daß sie
zu dieser letzten Regelung schreiten, um den Markt wiederherzustellen. "Es ist", so Khol wörtlich, "ganz einfach die Inanspruchnahme eines Notrechtes zum Schutz des Gemeinwohles gegen einen brutalen
Kapitalismus.
SPÖ-Klubobmann Peter Kostelka verwies in seiner Rede auf den wesentlichsten Punkt der Neuerung, nach der der Wirtschaftsminister in Zukunft nicht handeln kann, sondern zu handeln hat. Er forderte
daher Wirtschaftsminister Farnleitner auf, die Preise dem europäischen Niveau anzugleichen und die Preise nicht um 30 oder um 40 Groschen, sondern um 70 Groschen zu senken.
Parlamentarisches Schnellverfahren
Beschlossen wurde das Gesetz auch mit Stimmen der Freiheitlichen. Um die Regelung schnellstens umzusetzen, mußte auch der Bundesrat einberufen werden, ohne dessen Zustimmung ein Gesetz nicht
gültig ist. Minister Farnleitner gab den Ländervertretern zu bedenken, daß er in der Vergangenheit sehr oft "geprügelt" worden sei, ohne etwas dafür zu können. Erst das neue Gesetz würde ihm ein
geeignetes Instrumentarium zur Preisregelung in die Hand geben. Bundesrat André d'Aron von den Freiheitlichen meinte dazu, daß es auch notwendig wäre, die Mineralölsteuer zu senken.
Bundesrat Jürgen Weiss von der ÖVP kritisierte, daß das Gesetz in den Verfassungsrang gehoben und dadurch der Kontrolle des Verfassungsgerichtshofes entzogen wurde.
Ohne wenn und aber verteidigt wurde die Regelung von SPÖ-Bundesrat Erhard Maier, der sich auch gegen eine Senkung der Mineralölsteuer aussprach. Schließlich wurde das Gesetz einstimmig verabschiedet.
Õ
Ine Jezo-Parovsky ist Mitarbeiterin der ORF-Parlamentsredaktion