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Die Bürger Europas haben - auch wenn ihnen paradoxerweise viele gewählte Politiker misstrauen - ein gutes Gespür. Die Euro-Krise, bisher eine Domäne des verschuldeten Südens, erreicht nun mit steigenden Arbeitslosenzahlen auch den angeblich so stabilen Norden. Was tun die europäischen Bürger nun, umgarnt von Populisten, die alles Mögliche versprechen? Sie stärken jene Parteien, die eine politische Mitte repräsentieren - und zwingen sie in Große Koalitionen. Zuletzt war dies in den Niederlanden der Fall. In Griechenland werkt schon eine. Und in Deutschland lenken die aktuellen Umfragen die CD immer stärker in Richtung SPD. Sollte - wie es kolportiert wird - der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück tatsächlich SPD-Kandidat sein, wäre das wohl ein großkoalitionäres Signal der Sozialdemokraten - egal wie die patscherte FDP bei der Wahl 2013 abschneidet.
In Österreich ist es abseits des U-Ausschuss-Geschreies, das sich, der Logik folgen, legen wird, nicht anders. Auch Hartgesottene in der ÖVP, die bis vor kurzem noch davon träumten, mit einer FPÖ die Regierung zu bilden, erkennen in der Großen Koalition nun Vorteile. Selbst wenn man Juniorpartner bleiben würde. Im Wahljahr 2013 werden sich - so die These - auch die Wahlberechtigten in Österreich grummelnd wieder um die beiden Parteien versammeln und ihnen eine stabile Mehrheit im Parlament verschaffen.
Es ist offenbar die Krise, die Experimente zu riskant macht. Weder die extreme Rechte noch die extreme Linke machten bei der jüngsten Wahl in den Niederlanden den Stich. In Umfragen hoch gehandelt, bleiben die Wahl-Ergebnisse bescheiden. In Ungarn ist die erratisch regierende Fidesz von Viktor Orban in den Umfragen jäh abgestürzt. Eine schikanöse Registrierungshürde soll künftige Wahlgänge berechenbarer machen - es wird ihm auch nichts helfen. In Rumänien ist Ponta (von der viel kritisierten EU) brutal aus seinen Machtträumen geholt worden.
In immer mehr Ländern haben die Bürger den Marsch in die politische Mitte begonnen. Mit dem verständlichen Kalkül, dass nur berechenbare und besonnene Politiker mit den Zores fertigwerden können, die gerade heraufdräuen.
Auch wenn das politische Österreich noch aufgeregt Inseratenaffären rezipiert, bleibt das wirkliche Problem die steigende Arbeitslosigkeit und der Druck auf die Löhne. Die Bürger wissen das bereits, manche Partei noch nicht...