Flug gecancelt: ein Schaden für die Passagiere, ein Gewinn für die Flugkonzerne.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Immer öfter werden Passagiere mit einer Monitorinformation auf den Flughäfen konfrontiert, die ihnen Schweißperlen ins Gesicht treibt: Flug gecancelt. Und trotz der EU-Fluggastrechteverordnung werden die daraus resultierenden Ansprüche der Passagiere wie Informationspflicht, Betreuungsleistung, Weiterbeförderung und Entschädigungszahlung von den Airlines immer häufiger ignoriert. Zahlreiche Fluglinien sorgen weder für Umbuchungen noch für allfällige notwendige Hotelaufenthalte. Der Kunde soll sich selbst um seine Weiterreise kümmern und bleibt immer häufiger auf entstandenen Kosten sitzen.
Verbunden mit diesem Ungemach für die Passagiere ist jedoch immer öfter eine Strategie der Luftfahrtkonzerne, ihre Gewinnspannen durch solche gecancelten Flüge auf Kosten der Fluggestrandeten zu erhöhen. Das funktioniert ganz einfach. Die großen Luftfahrtkonzerne wie etwa die Lufthansa bestehen aus zahlreichen Tochtergesellschaften wie zum Beispiel AUA, Swiss, Eurowings und German Wings.
Fällt nun ein Flug aus, sind die Passagiere häufig gezwungen, auf Flüge des Unternehmens auszuweichen, die von anderen Tochterunternehmen durchgeführt werden. Aber siehe da! Nach einem gecancelten Flug steigen gleichsam im Minutentakt die Preise aller Flüge des Unternehmens zum betroffenen Zielflughafen. Das Gesetz von Angebot und Nachfrage wendet sich gegen den bereits geschädigten Passagier, obwohl es in diesem Fall außer Kraft gesetzt werden müsste. Und das sollte in Zeiten der digitalen Vernetzung insbesondere innerhalb desselben Konzerns eigentlich kein Problem sein. Der Kunde wird also gezwungen, den doppelten bis dreifachen Preis des ursprünglich gebuchten Fluges hinzublättern, damit er sein Ziel erreicht. Ein ursprünglich gebuchter Flug um 200 Euro in beide Richtungen schlägt sich dann plötzlich zusätzlich mit 300, 400 oder 500 Euro in eine Richtung nieder.
Das bedeutet: Der Preis für den gesamten Flug steigt für den Kunden nun auf 500, 600 oder sogar 700 Euro. Erstattet die Fluggesellschaft den ursprünglich gebuchten Flugpreis von 200 Euro zurück, lukriert der Konzern trotzdem Mehreinnahmen pro Passagier von 100, 200 oder 300 Euro, für die der Passagier nun zusätzlich aufkommen muss. Hat der Reisende eine Extraversicherung abgeschlossen, sprudelt das Geld eben aus dieser Quelle. Der Fluggesellschaft kann das egal sein.
Von Ausfällen profitieren letztlich alle Fluggesellschaften
Dazu kommt, dass das gecancelte Flugzeug ja auf dem Boden bleibt und damit Betriebskosten (Personal, Kerosinkosten, Flughafengebühren) eingespart werden. Auf diese Art kann ein Konzern seine Einnahmen bei einem gecancelten Flug deutlich erhöhen. Beim Ausfall eines Airbus 320 etwa können sich diese Mehreinnahmen durchaus im fünfstelligen Bereich zu Buche schlagen.
Für ausgefallene Flüge kleinerer Fluggesellschaften, deren Passagiere auf andere Flugunternehmen ausweichen müssen, gilt, was die Kunden und die für sie entstehenden Mehrkosten betrifft, dasselbe Szenario. Die Preise für die ausgefallene Destination steigen auch bei anderen Fluglinien deutlich an. Da diese Geschäftspolitik auf Gegenseitigkeit beruht, profitieren letztlich alle Fluggesellschaften von Ausfällen.
Gecancelte Flüge sind für Passagiere immer unangenehm. Sie führen zu Wartezeiten auf Flughäfen und Hotels, verkürzen Urlaube, schaffen Stress etc. Aber die beschriebene Strategie der Airlines führt auch noch dazu, dass sie sich auf Kosten der ohnedies Geschädigten bereichern. Das ist ein echter Skandal. Es ist höchste Zeit, solchen Machenschaften eindeutige gesetzliche Riegel vorzuschieben, etwa durch eine Novellierung der Europäischen Fluggastrechteverordnung.
Zum Autor