Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" zweifeln führende Experten im Bereich der Chirurgie an, dass der US-Bürger Nicholas Berg von den Angreifern "live" geköpft wurde.
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"Ich muss erst von der Echtheit des gezeigten Videos überzeugt werden", sagt Dr. John Simpson, Geschäftsführer für chirurgische Angelegenheiten am Royal Australasian College of Surgeons in Neuseeland.
Ganz ähnlich reagierte der Gerichtsmediziner Dr. Jon Nordby vom American Board of Medicolegal Death Investigators (ABMDI) auf die Frage ob er glaube, dass das Hinrichtungsvideo "gestellt" sei: "Ja, ich glaube, das ist die beste Erklärung."
Am 8. Mai wurde in Bagdad die Leiche des US-Geschäftsmannes Nicholas Berg gefunden. Ein Video, das angeblich seine Ermordung durch Enthauptung mit einem Messer zeigt, wurde am 11. Mai auf eine Website gestellt, die in Verbindung mit der El-Kaida stehen soll.
Sowohl der Gerichtsmediziner als auch Simpson halten es für sehr wahrscheinlich, dass Berg schon vor der Enthauptung tot war. Ein Beweis dafür sei die vergleichsweise geringe Menge Blut. "Eigentlich hätten alle Umstehenden innerhalb von Sekunden voll mit Blut sein müssen, wenn es echt war", so Simpson. Doch dem war nicht so.
Ein weiterer Beweis ist für Nordby und Simpson das vegetative Nervensystem eines Menschen, das im Falle eines Angriffs reagiert. Meist zuckt der Körper sehr stark. Laut Nordby hätte die Bewegung von Bergs Rückenwirbeln durch die Angreifer solche Reaktionen hervorrufen müssen. Simpson sagt, dass er "keine auch nur irgendwie geartete Bewegung" Bergs wahrnehmen hat können.
Der US-Bürger habe außerdem höchstwahrscheinlich unter dem Einfluss von Drogen oder Medikamenten gestanden. Als die Angreifer das Messer ansetzten sei in Bergs Gesicht kein Anzeichen einer Emotion zu erkennen gewesen. "Sie hätten auch eine Puppe nehmen können", sagt Simpson.
Nordby glaubt, dass das Video direkt vor der Enthauptung geschnitten wurde. In jedem Fall wirft es mehr Fragen auf, als es Antworten liefert, sind sich beide einig.