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Berlin beschließt Riesen-Sparpaket - Sozialbereich trifft es besonders

Von WZ-Korrespondentin Christine Zeiner

Europaarchiv
Finanzminister Schäuble präsentierte das Paket. Foto: ap

Schäuble hält trotz Konjunkturboom an Sparkurs fest. | Berlin. Kein Elterngeld mehr für Langzeitarbeitslose, kein Heizkostenzuschuss für Wohngeldbezieher: Deutschland spart. Elf Milliarden Euro will die Regierung im kommenden Jahr weniger ausgeben und insgesamt 82 Milliarden Euro bis 2014 -- es ist das größte Sparpaket in der Geschichte der Bundesrepublik und den Sozialbereich trifft es besonders.


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Gestern hat die Regierung die Pläne beschlossen, die sie Anfang Juni erarbeitet hatte. Sie habe sich, so die Arbeitsministerin damals, vor jene, die nichts mehr an ihrer Lebenssituation ändern könnten wie Rentnerinnen und Witwen, schützend gestellt. Bei allen anderen aber müsste man "Anreize setzen für Arbeit". Und das Elterngeld für Langzeitarbeitslose -- derzeit der Mindestbetrag von 300 Euro - zusätzlich zum Hartz IV-Geld verringere den Abstand zu normalen Löhnen, argumentiert die Regierung. Dass der Heizkostenzuschuss fallen soll, wird mit "niedrigeren Energiepreisen" begründet.

Gestrichen werden außerdem die Pensionsbeiträge für Arbeitslose -- mit 1,8 Milliarden Euro an Einsparungen rechnet hier die Regierung. Man will "zielgenauer fördern". Würden damit aber nicht schlicht staatliche Zahlungen von heute in die Zukunft verschoben oder die Zahl jener, die im Alter arm sind, größer werden? Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verweist auf den Wirtschaftsaufschwung und auf bessere Arbeitsmarktdaten.

Deutlich bessere Konjunkturdaten als noch kürzlich angenommen sind für ihn aber kein Argument, deshalb das Sparvolumen zu kürzen. Denn Deutschland wird zwar heuer nicht mehr wie geplant 80,2 Milliarden Euro an neuen Schulden machen, aber immer noch 65 Milliarden Euro. Dazu ist seit vergangenem Jahr in der deutschen Verfassung eine sogenannte Schuldenbremse festgeschrieben: Ab 2016 soll sich der Bund mit höchstens 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschulden dürfen. Die Länder dürfen ab 2020 gar keine neuen Kredite mehr aufnehmen.

Fliegen wird teurer

Zu den Einsparungen im Sozialbereich will Finanzminister Schäuble deshalb eine "Ticket-Tax" für Abflüge aus Deutschland einführen. Je nach Strecke werden dafür ab dem nächsten Jahr 8, 25 oder 45 Euro eingehoben.

Ob es eine Brennelementesteuer für Atomkraftwerke geben wird, ist indes unklar. Die hier vorgesehenen 2,3 Milliarden Euro stehen laut Schäuble "nicht zur Disposition".

Auf welche Weise sie allerdings in die Staatskasse fließen werden, soll erst im Energiekonzept stehen, das Ende September präsentiert wird. Die vier großen Energieunternehmen im Land kämpfen vehement gegen die Steuer. Und auch im Parlamentsklub von CDU und CSU hält man eine vertragliche Einigung mit den Konzernen für besser als eine Steuer.