Für seine Forderung nach Aufhebung des EU-Waffenembargos erhält China Unterstützung aus Deutschland und Frankreich. Bei seinem Besuch in Peking appellierte der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder gestern einmal mehr für eine Aufhebung, für die sich auch Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac einsetzt. Beim morgigen EU-China-Gipfel in Den Haag wird ein "positives Signal" an China erwartet.
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Von so einem Wirtschaftswachstum kann Europa derzeit nur träumen. Laut Prognosen beträgt das chinesische BIP-Wachstum heuer 9,2 Prozent. Zwischen 1980 und 2003 stiegen die Einfuhren der EU aus China durchschnittlich um 18 Prozent pro Jahr und die chinesischen Importe um 13 Prozent. Der chinesische Markt ist einer der interessantesten der Welt, und so stehen Wirtschaftsthemen im Mittelpunkt des dreitägigen Besuches des deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder.
Ein Auftrag mit einem Volumen von knapp einer Milliarde Euro wurde bereits gestern unterzeichnet. Der europäische Flugzeugbauer Airbus verkauft 23 Maschinen an die Luftfahrtgesellschaft Air China. Einen Eisenbahn-Auftrag im Wert von 350 Millionen Euro schloss wiederum Siemens ab. Der Konzern wird im Auftrag des Eisenbahnministeriums 180 Doppel-Lokomotiven liefern. Volkswagen vereinbarte den Bau von zwei Motorenfabriken in Dalian und Schanghai. Und auch an der Grundsteinlegung für ein Autowerk von DaimlerChrysler in Peking nahm Schröder teil.
"Produkt des Kalten Krieges"
Dass eine Verbindung zwischen den verstärkten wirtschaftlichen Beziehungen mit Europa und Spekulationen um eine Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen China besteht, wird bestritten. Die EU hatte die Maßnahme nach der Niederschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking im Jahr 1989 ergriffen. Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao bezeichnete das Embargo als "Produkt aus den Zeiten des Kalten Krieges", das nicht mehr zeitgemäß sei. Und auch Schröder erklärte gestern: "Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass es zu einer Aufhebung des Waffenembargos kommen sollte."
China verlange eine Aufhebung "nicht etwa, weil wir es eilig haben, Waffen aus europäischen Ländern zu kaufen", führte Wen aus. Vielmehr wolle das Land als gleichberechtigter Partner behandelt werden. Konzessionen - wie etwa die Verknüpfung mit Menschenrechtsfragen - lehnt China allerdings ab.
Festnahmen und Folter
Doch die Auffassungsunterschiede zwischen China und der EU etwa in Menschenrechtsfragen oder der Taiwan-Politik sind groß - trotz gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen. So fordern Menschenrechtsorganisationen die EU-Staaten auf, beim morgigen EU-China-Gipfel auch die Demokratiedefizite in China zu thematisieren.
"Die EU-Staats- und Regierungschefs sollten berücksichtigen, dass zwar die Zahl der Menschenrechtsaktivisten in China wächst, diese aber immer noch dem Risiko ausgesetzt sein können, jederzeit eingesperrt zu werden", erklärte gestern Dick Oosting von amnesty international. Ein Bericht der Organisation listet zahlreiche Fälle auf, in denen Menschenrechtler auf Grund vager Vorwürfe festgenommen und in Gefängnisse gesteckt wurden, in denen Inhaftierte misshandelt und gefoltert wurden.
Bedingungen unklar
Dass die EU jedoch spezifische Bedingungen an die Aufhebung des Waffenembargos knüpfen wird, bleibt unwahrscheinlich. Fortschritte bei der Wahrung von Menschenrechten würden aber als "hilfreich" bezeichnet. Zwar wird beim EU-China-Gipfel mit einer Aufhebung nicht gerechnet - mit einem "positiven Signal" allerdings schon.
Die weitere Vorgangsweise ist umstritten. Während sich Deutschland und Frankreich für eine Aufhebung der Rüstungsausfuhrsperre aussprechen, äußern Großbritannien und skandinavische Länder Vorbehalte. Mehrere Staaten fordern verstärkte Kontrollen und einen schärferen Verhaltenskodex für Waffenexporte als Bedingung. Dem steht die französische Position gegenüber: Paris will keine zusätzlichen Auflagen für China. Die USA wiederum sind strikt gegen eine Aufhebung des Embargos. Ein Ende des Exportverbots muss einstimmig beschlossen werden.