Versprechungen an oppositionelle Zentrums-Mandatare. | Druck auf Anhänger Finis. | Wien/Rom. Nach dem Bruch mit seinem Langzeit-Regierungspartner Gianfranco Fini ist Italiens Premier Silvio Berlusconi auf fieberhafter Suche nach Abgeordneten, um die verlorengegangene Mehrheit im Abgeordnetenhaus wieder sicherzustellen.
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Nach der Abspaltung der Fini-Gruppe, die künftig unter dem Namen Futuro e Liberta per Italia (Zukunft und Freiheit für Italien - FLI) eigene Fraktionen in den beiden Parlamentskammern bilden wird, hat Berlusconis Regierung zumindest im Abgeordnetenhaus die Mehrheit verloren. Von insgesamt 630 Abgeordneten stellen nach der Abspaltung von 33 FLI-Mandataren künftig die Berlusconi-Partei PdL (Popolo della Liberta - Volk der Freiheit), Lega Nord und kleinere Koalitionspartner nur mehr 308, acht unter der notwendigen Mehrheit von 316.
Knappe Verhältnisse im Senat
Komplizierter ist die Situation im Senat, wo PdL und Lega Nord voraussichtlich über 161 von insgesamt 315 Mandaten verfügen, zu denen aber noch sieben Senatoren auf Lebenszeit kommen. Hier könnte für Berlusconi eine ähnliche Situation entstehen wie für seinen Vorgänger Romano Prodi, der auch vor jeder Senatsabstimmung zittern musste.
Mit Angeboten an oppositionelle Abgeordnete der Zentrumsparteien und Drohungen gegen Fini-Anhänger versucht Berlusconi seit dem Wochenende, seine verlorengegangene Mehrheit wieder zu konsolidieren. Drei der vier Abgeordneten der Liberaldemokraten, die ursprünglich zur Regierungsmehrheit gehört haben, dann aber zur Opposition wechselten, wollen künftig wieder für Berlusconi stimmen. Nach Medienberichten hat ihnen Berlusconi dafür Kabinettsposten in Aussicht gestellt.
Der Premier versucht aber auch, bei der christdemokratischen UDC (39 Sitze) und bei den acht Abgeordneten rund um den aus der oppositionellen Demokratischen Partei (PD) ausgetretenen Francesco Rutelli Unterstützung zu finden. Außerdem versucht er, Fini-Anhänger mit Drohungen weichzuklopfen.
Eine Bewährungsprobe für die Regierung wird die Abstimmung über die Zulassung eines Misstrauensantrags der Opposition gegen den umstrittenen Justizstaatssekretär Giacomo Caliendo werden. Berlusconi drohte bereits mit Neuwahlen im Herbst, falls der Misstrauensantrag Erfolg haben sollte.
Oppositionschef Pier Luigi Bersani forderte Berlusconi auf, vor dem Parlament Stellung zur Regierungskrise zu beziehen. Er schlug wie auch der Chef der oppositionellen christdemokratischen Partei UDC, Pier Ferdinando Casini, ein technisches Übergangskabinett unter Beteiligung der Opposition vor. Dieser Plan stößt auf stärkste Ablehnung bei Berlusconis engstem Regierungspartner Umberto Bossi. Dieser drohte mit einem Aufstand von 20 Millionen Anhängern gegen einen derartigen Plan.