Prostituierte mit falschen Angaben aus Polizeihaft in Mailand geholt. | Berlusconi droht Staatsanwälten und Richtern mit neuen Gesetzen. | Wien/Mailand. Die Mailänder Staatsanwaltschaft hat am Mittwoch wie erwartet den Antrag auf ein abgekürztes Verfahren gegen Regierungschef Silvio Berlusconi gestellt. Dem Premier werden sexuelle Beziehungen zu einer minderjährigen Prostituierten und Amtsmissbrauch vorgeworfen, weil er am 27. Mai 2010 mit einem hochrangigen Funktionär bei der Mailänder Polizei angerufen und sich für die Freilassung der damals 17-jährigen Prostituierten Karima el Mahroug, alias Ruby, starkgemacht hatte, die wegen Diebstahls festgenommen worden war. Berlusconi erklärte damals, diese sei eine Enkelin des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak. Selbst heute noch versichert Berlusconi, dass er wirklich davon überzeugt gewesen sei und dass er einen internationalen diplomatischen Zwischenfall verhindern habe wollen.
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Berlusconi warf den Staatsanwälten vor, ihn zu verleumden, umstürzlerische Ziele zu verfolgen und das Gesetz zu verletzen. Er kündigte eine Klage gegen den Staat an und drohte Richtern und Staatsanwälten mit neuen Gesetzen, nach denen sie zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie Fehler begehen.
Opposition: Berlusconi von Delirium befallen
Der Sprecher der Oppositionspartei "Italien der Werte" (IdV), Leoluca Orlando, warf Berlusconi vor, eine Strafkampagne gegen die Richter zu starten und bezeichnete seinerseits den Premier als gefährlich und umstürzlerisch, weil er von einem unkontrollierbaren Delirium befallen sei. Mit seinen Behauptungen, er habe mit seinem Anruf für Ruby einen internationalen Zwischenfall vermeiden wollen, halte Berlusconi die Italiener für dumm, sagte Orlando.
Auf Berlusconi kommt in nächster Zeit eine ganze Flut von Strafprozessen zu. Nach der Aufhebung des Immunitätsgesetzes durch den Verfassungsgerichtshof werden die auf Eis liegenden Verfahren wiederaufgenommen. Bereits am 28. Februar soll in Mailand ein Prozess fortgesetzt werden, in dem Berlusconi Bilanzfälschung und Steuerbetrug im Zusammenhang mit dem Kauf von Filmrechten für seinen Medienkonzern vorgeworfen werden.
Ebenfalls in Mailand steht ab 11. März die Fortführung eines Korruptionsprozesses gegen Berlusconi auf dem Programm. Die Richter werfen dem Regierungschef vor, dem britischen Anwalt David Mills im Jahr 1997 600.000 Dollar (fast 450.000 Euro) für Falschaussagen in Prozessen gegen seinen Mediaset-Konzern bezahlt zu haben. Mills wurde vor einem Jahr in diesem Punkt im Berufungsprozess wegen Verjährung freigesprochen, nachdem er zuvor zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden war.