"Wer Probleme hat, braucht einen Arzt", könnte man in Abwandlung eines hier bekannten Zitats zum Ausgang der Kommunalwahlen in Siziliens zweitgrößter Stadt Catania sagen. Mit 52,1 Prozent der Stimmen wurde der Hausarzt des italienischen Regierungschefs, Umberto Scapagnini, als Bürgermeister bestätigt. Vor fünf Jahren hatte er allerdings noch 56,6 Prozent erhalten.
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Nach der Serie von schweren Niederlagen bei den Regional- und Kommunalwahlen im April, die letztlich zu einer Umbildung seines Kabinetts geführt haben, hatte Berlusconi eine Frischluftzufuhr dringend nötig. Er hatte sich dafür besonders im Gemeinderatswahlkampf in Catania engagiert, wo der frühere Innenminister der Ulivo-Koalition, Enzo Bianco, der in den Neunzigerjahren schon einmal Bürgermeister in Catania war, wieder den Sessel des Stadtoberhaupts anstrebte. Eine Niederlage in dieser Stadt hätte das labile Gleichgewicht der Mitte-Rechts-Koalition weiter belastet.
Das Halten des Bürgermeistersessels in Catania lässt Berlusconis Koalition den Verlust in Enna, der zweitwichtigsten der sizilianischen Kommunen, wo am Sonntag und Montag gewählt wurde, verschmerzen. Dort bekam der Mitte-Links-Kandidat Cesare Agnello auf Anhieb 56,2 Prozent, auf den Forza-Italia-Mann Giovanni Palermo entfielen magere 23,6 Prozent.
17 Bürgermeistersessel entfielen bei den Wahlen in Sizilien auf das Regierungslager - drei weniger als vor fünf Jahren - und 10 auf die Opposition. Acht Gemeinden werden von Bürgerlisten geführt, die nicht einem der beiden Lager zugeordnet werden können.
Entsprechend erleichtert zeigte sich Berlusconi: "Es war ein wunderschöner Kampf für alle. Dieser Wahlausgang hat große Bedeutung", sagte er im Mitarbeiterkreis. Piero Fassino, Parteichef der Linksdemokraten meinte, er verstehe, dass Berlusconis Parteienbündnis darüber glücklich ist, der Gefahr einer neuen Niederlage entronnen zu sein, "aber hinter einem Baum kann man nicht einen ganzen Wald verstecken". Francesco Storace, der abgewählte Regionalpräsident von Latium, den Berlusconi als Gesundheitsminister in seine Regierung geholt hat, sieht im Wahlausgang von Catania ein Tonikum und einen Beweis dafür, dass die Partie von 2006 - die Parlamentswahl - noch zu spielen ist.
Berlusconi und Sozialpartner: Maßnahmen gegen Rezession
Und es gibt angesichts der schwierigen ökonomischen Lage in Italien noch viel zu tun. Berlusconi will gemeinsam mit den Sozialpartnern Maßnahmen zur Bekämpfung der Rezession ergreifen. Ein Treffen mit Vertretern der Gewerkschaften und des Industriellenverbands Confindustria ist für kommenden Freitag geplant, hieß es aus dem Büro des Ministerpräsidenten. "Wir müssen uns aufraffen und die Schwierigkeiten bewältigen", sagte der Regierungschef am Dienstag.
Berlusconi versicherte, dass er bis Ende der Legislaturperiode alle Wahlversprechen des Jahres 2001 erfüllen werde. "Trotz der schwierigen Konjunktur haben wir dieses Jahr die Steuer reduziert. Der Steuerdruck ist von 45 auf 41 Prozent gesunken. In der heutigen Lage hätten wir wirklich nicht mehr tun können", sagte Berlusconi. Um der Wirtschaft neuen Schwung zu verleihen, wolle er mit den Sozialkräften eng zusammenarbeiten. Sein Kabinett erwäge in erster Linie eine Senkung der Regionalsteuer IRAP, die die Unternehmen belastet, was die Firmen um vier Milliarden Euro pro Jahr entlasten würde. Zugleich plane das Kabinett Unterstützung für jene Unternehmen, die neues Personal einstellen. "Wir dürfen uns jedoch keine Illusionen machen, die Gesamtstruktur der europäischen Wirtschaft ist schwach. Nicht nur das italienische, sondern das gesamte europäische System entwickelt sich nicht", meinte Berlusconi.