Berlusconis Partei PdL entzog der Regierung im Senat ihre Unterstützung.
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Rom. Silvio Berlusconi und seine in den Umfragen in den Keller gerasselte Partei PdL (Popolo della Liberta - Volk der Freiheit) sorgen erneut für Turbulenzen in der italienischen Innenpolitik. Nur wenige Stunden, nachdem Berlusconi signalisiert hatte, für die Spitzenkandidatur bei den kommenden Parlamentswahlen bereit zu sein, kündigte seine Fraktion im Senat der Regierung Monti bei einer Vertrauensabstimmung die Unterstützung auf. Das Dekret über die Entwicklungspolitik wurde zwar verabschiedet, aber nur deshalb, weil die PdL-Senatoren entweder nicht an der Abstimmung teilnahmen oder sich der Stimme enthielten. Die PdL, die Monti immer wieder mit dem Entzug des Vertrauens gedroht hatte, reagierte damit auf eine Aussage des Ministers für wirtschaftliche Entwicklung und Infrastruktur, Corrado Passera. Passera hatte in einem TV-Interview die mögliche Rückkehr Berlusconis wörtlich als "nichts Gutes" bezeichnet.
Berlusconi hatte sich nach einer turbulenten Sitzung seiner Parteispitze am Mittwochabend wieder als Spitzenkandidat ins Spiel gebracht: "Ich werde von den Forderungen meiner Anhänger belagert, so bald wie möglich meine Rückkehr anzukündigen. Das Land steht am Rande des Abgrunds. Die Lage ist dramatischer als vor einem Jahr, als ich die Regierung verlassen habe", teilte der Ex-Premier mit. Am Donnerstag Abend gab PdL-Chef Angelino Alfano die Kandidatur Berlusconis bekannt. "Berlusconi hat heute seine Bereitschaft bekundet, als Premierkandidat am Wahlkampf teilzunehmen."
Seit Tagen drohte die PdL der Regierung Monti mit dem Entzug des Vertrauens, wenn nicht die im kommenden Frühjahr anstehenden Regionalwahlen in der Lombardei, Latium und Molise am gleichen Tag abgehalten werden wie die Parlamentswahlen. In Latium müssen die Wahlen nach einem Urteil des Staatsrates bereits im Februar stattfinden, die Parlamentswahlen sind für Anfang April vorgesehen. Die PdL befürchtet, dass ein erwartet schlechtes Abschneiden bei den Regionalwahlen auch ihre Chancen bei den Parlamentswahlen beeinträchtigt. Dazu fürchtet Berlusconi ein geplantes Regierungsdekret über den Ausschluss von Verurteilten von der Kandidatur. Die PdL überlegt auch, die Änderung des Wahlrechts durch immer neue Forderungen zu hintertreiben, obwohl schon eine weitgehende Einigung mit der Demokratischen Partei in dieser Frage erzielt worden war.
Tremonti-Allianz mit der Lega Nord
Dass sich die PdL immer mehr in Auflösung befindet, wird nicht zuletzt dadurch unterstrichen, dass der frühere Wirtschaftsminister Giulio Tremonti mit einer eigenen Wahlliste bei den kommenden Wahlen antreten will. Tremonti, der sich von Berlusconi getrennt hat, ist dabei, eine Wahlallianz mit der Lega Nord einzugehen.
Silvio Berlusconi war italienischer Premier 1994–1995, 2001–2005, 2005–2006 und 2008–2011.