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Berlusconi will seinen Abgang mit Klage in Straßburg hinauszögern

Von Rainer Mayerhofer

Politik

PdL will Abstimmung im Senat erst nach Entscheidung in Straßburg.


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Rom. Bevor am Montagnachmittag im Immunitätsausschuss des italienischen Senats die entscheidende Sitzung begann, in der über die Aberkennung des Senatsmandats Silvio Berlusconis entschieden werden soll, hat der Ex-Regierungschef am Wochenende eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg eingebracht. Damit will er das sogenannte Severino-Gesetz zu Fall bringen. Das unter der damaligen Justizministerin Paola Severino Ende Dezember 2012 auch mit den Stimmen seiner Partei verabschiedete Gesetz sieht bei Verurteilungen zu Haftstrafen von mehr als zwei Jahren ein sechsjähriges Kandidaturverbot für einen Parlamentssitz vor.

Von ihrem Koalitionspartner, der Demokratischen Partei (PD) fordert die Berlusconi-Partei PdL, mit der Abstimmung im Senat über die Aberkennung seines Mandats so lange zu warten, bis der EGMR eine Entscheidung gefällt hat, was erst in einigen Monaten der Fall sein könnte. Wenn die PD auf die Forderung nach Verschiebung der Senatsabstimmung nicht eingeht, droht Berlusconi mit einer Regierungskrise.

In Rom wurde vor dem Beginn der Sitzung am Montagnachmittag damit gerechnet, dass erst heute, Dienstag, über die Frage eines Mandatsverlusts Berlusconi abgestimmt wird. In dem 23-köpfigen Ausschuss sind 14 Mitglieder - acht von der PD, vier von der 5-Sterne-Bewegung Beppe Grillos und je eines von der linksökologischen SEL und von Mario Montis Bürgerwahl (SC) - für einen Amtsverlust Berlusconis und acht - sechs von der PdL und je einer von der mit ihr verbündeten Lega Nord und der autonomistischen GAL - dagegen, ein Senator von der Sozialistischen Partei gilt als unentschlossen.

Führende Politiker der PD zeigten Berlusconi die kalte Schulter. Man werde Berlusconis Verteidigung anhören und ihr die angemessene Zeit zubilligen, aber wer im Parlament sitzt, hat die Aufgabe die Gesetze zu respektieren, stellte die PD-Senatorin Anna Finochiaro klar.

Im Berlusconi-Lager stehen sich noch immer die "Falken" und die "Tauben" gegenüber. Parteikoordinator Denis Verdini gibt Durchhalteparolen aus und meint, dass Berlusconi die geheime Abstimmung im Senatsplenum gewinnen werde. Berlusconis Kinder meinen, ihr Vater solle vor der Abstimmung seinen Senatssitz zurücklegen. Berlusconi selbst will Staatspräsident Giorgio Napolitano nicht um Begnadigung bitten und bereut schon, ihn gewählt zu haben.